Franziska Lautenschläger
"Physiker sind gut darin, bekannte Probleme in anderen Situationen wiederzuerkennen und Lösungsansätze zu übertragen."
Franziska Lautenschläger (DPG-Mitglied seit 2000) lehrt und forscht als Biophysikerin an dem INM Leibniz Institut für Neue Materialien in Saarbrücken und der Universität des Saarlandes. Sie engagiert sich im Arbeitskreis Chancengleichheit der DPG.
Wenn ich nicht Physikerin geworden wäre ...
...wäre ich Medizinerin geworden.
Welches ist der schönste Konferenzort, den Sie kennen?
Primosten-Split: 2009 fand dort die erste Konferenz der EMBO Reihe „Physics of Cells“ statt. Auf einer Halbinsel im Mittelmeer, umrundet von Strand – landschaftlich wie auch als Konferenzort fast unschlagbar. Außerdem habe ich dort die Kontakte geknüpft, die mir später zu meinem Postdoc und damit auch zu meinem wissenschaftlichen Karriereweg verholfen haben.
Was bewegt Sie neben Physik und Arbeit?
Meine zwei Kinder (2 und 6 Jahre alt). Wenn ich dann noch Zeit habe: Musik (ich spiele Cello und singe) oder Sport (Klettern, Rudern, Wandern….).
Welchen Bezug haben Sie zur DPG?
Ich habe mit meinem Abitur 2000, es war das beste Abitur in Physik an meinem Gymnasium, eine einjährige Mitgliedschaft in der DPG gewonnen und bin seitdem dabei!
2019 habe ich auf der DPG-Frühjahrstagung einen Vortrag halten dürfen/sollen, wie ich es als junge Wissenschaftlerin im tenure track mit zwei kleinen Kindern schaffe, zu überleben. :)
Welche Aufgaben hat eine europäisch gedachte Physik?
Internationale Zusammenarbeit ist fundamental wichtig – wir sollten die Zusammenarbeit auch mit Großbritannien in den zukünftigen Jahren unterstützen und natürlich ein Auge auf USA, China & Co haben.
Warum sollten sich PhysikerInnen verstärkt in den politischen Diskurs bzw. Alltag einbringen?
Physiker sind gut darin, bekannte Probleme in anderen Situationen wiederzuentdecken und Lösungsansätze zu übertragen. Generell sind sie gut allgemein gebildet. Sowohl in der Wissenschaft als auch in der Wirtschaft sind Physiker aufgrund ihrer Interdisziplinarität begehrt – warum also nicht auch in der Politik?!
Welche Fragestellungen der Physik begeistern Sie heute am meisten?
Die Mechanik und Migration von Zellen haben mich seit meiner Ausbildung nicht mehr verlassen. Noch immer bin ich höchst fasziniert, wenn ich eine Zelle hochaufgelöst unter dem Mikroskop betrachten kann. Aber mittlerweile haben sich die Aspekte konkretisiert, die ich mir anschaue: Den Aktin-Kortex von Zellen und Intermediäre Filamente.
Woran arbeiten Sie heute?
Ich bin Professorin für Biophysik an der Universität des Saarlandes und Juniorgruppenleiterin am Leibniz Institut für Neue Materialien, d.h. ich forsche mit meiner Arbeitsgruppe an der Rolle des Zytoskelettes für Zellen, kümmere mich aber auch um die Einwerbung von Geldern und die Publikation von Ergebnissen. Und natürlich bin ich in der Lehre tätig, gebe Vorlesungen, organisiere Seminare und Praktika.
Was möchten Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs mitgeben?
Ganz allgemein: A problem becomes a problem when it becomes a problem (und nicht davor). And then! you solve it.
Und für die Damen unter uns: Wenn Sie Kinder haben möchten und trotzdem Karriere in der Wissenschaft, dann geht das. Irgendwie. Immer. Egal wie schwierig es erscheint. Lassen Sie sich nur ja nicht abschrecken. Von Niemandem.
Physik ist wie ...
...Klettern: Man steht vor einer glatten Wand, sieht den Weg nicht, aber das Ziel. Man muss verschiedene Techniken versuchen, fällt zwischendurch mal runter (hoffentlich in ein Sicherungsseil!) oder kommt nicht weiter, und versucht dann einen anderen Ansatz. Und irgendwann kommt man oben an!
Foto: © INM / Iris Maurer