Judit Angster
"Da Physik für die Weiterentwicklung der Gesellschaft sehr wichtig ist, würde ich auf jeden Fall die allgemein verständliche Verbreitung des Wissens in der Physik zum Ziel setzen, um möglichst viele Menschen dafür zu begeistern."
Judit Angster ist Orgelforscherin. Die promovierte Physikerin stammt aus der berühmten ungarischen Orgelbaufamilie Angster, wo ihre Forscherleidenschaft für den Klang der „Königin der Instrumente“ ihren Anfang nahm. Heute ist sie am Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) in Stuttgart tätig. Als Leiterin der Forschungsgruppe Musikalische Akustik/ Photoakustik hat sie mit Ihrem Team in Kooperation mit einer Vielzahl europäischer Orgelbauunternehmen zahlreiche Innovationen für die Orgel entwickelt. Im Mittelpunkt ihrer Forschung steht die Erhaltung des Klangs, die Unterstützung beim Bau sowie ihre Weiterentwicklung von Instrumenten durch die Integration moderner Technologien. Forschung und Innovationen wurden u.a. mit dem „Löhn-Preis für Technologietransfer“ der Steinbeis-Stiftung ausgezeichnet, ihre Forschungsorgel ist „Ausgezeichnter Ort im Land der Ideen“. Sie beantragte und leitete neun EU-Projekte zum Nutzen kleiner und mittelständischer Orgelbauunternehmen.
Was bewegt Sie neben Physik und Arbeit?
Meine Hobbies sind: Sport – Zumba, Walken
Kochen und Backen – nicht streng nach Rezepten, sondern mehr „Entwicklung von neuartigen Kreationen mit Fantasie.“
Mit meinen kleinen Enkelkindern basteln, zeichnen, Musik machen, Puppentheater spielen, interessante Experimente durchführen, fotografieren.
Welchen Bezug haben Sie zur DPG?
Ich habe immer gerne an DPG-Veranstaltungen teilgenommen und Vorträge gehalten. Die Themen reichten von der Physik der Lippenorgelpfeife für eine Fachlehrerweiterbildung über die Physik der Schallerzeugung bei Musikinstrumenten samt praktischer Anwendungen der Forschungsergebnisse für die ständige Weiterentwicklung von Instrumenten bis zu einem Vortrag bei den Industriegesprächen zum Einsatz von Hightech beim Orgelbau. Bei meinen Präsentationen hatte ich immer das Ziel, die Physik sowohl für Fachleute als auch für Laien gut verständlich zu vermitteln.
Welche Aufgaben hat eine europäisch gedachte Physik?
EU-Projekte sind prinzipiell eine gute Möglichkeit, Forschungsförderung zu erhalten. Die Anträge zu stellen und die Projekte abzuwickeln sind jedoch sehr bürokratisch gestaltet. Viele Wissenschaftler meiden es deshalb, sich damit auseinanderzusetzen.
Die Zeit zwischen Antragstellung und Vertragsunterschrift ist oft so lang, dass die Welt sich inzwischen weiterentwickelt und Europa stehen bleibt. Dies gilt oft auch für die nationale Forschungsförderung. Die DPG muss sich einsetzen, diese Probleme zu lösen.
Woran arbeiten Sie heute?
Mein Team arbeitet auch auf dem Gebiet Photoakustik. Dies ist eine Gasdetektions-Methode, wobei die Auswertung mit einer akustischen Methode erfolgt. Zurzeit arbeiten wir an der Entwicklung von einem medizinischen Gerät für die Atemluft-Detektion. Ich finde anwendungsorientierte Forschung sehr wichtig und nötig für die Gesellschaft.
Was Sie schon immer sagen wollten:
Physik kann sehr verständlich und mit Begeisterung an andere Menschen weitergegeben werden. Viele Schülerinnen und Schüler haben bereits am Anfang Angst von der Physik. Bei meinen Präsentationen, die ich für die Öffentlichkeit (z.B. an Universitäten) oder in Kursen und Workshops für Musikinstrumentenbauer halte, wurde mir oft gesagt: „Wir hätten nie gedacht, dass Physik so verständlich und interessant sein kann“. Da Physik für die Weiterentwicklung der Gesellschaft sehr wichtig ist, würde ich auf jeden Fall die allgemein verständliche Verbreitung des Wissens in der Physik zum Ziel setzen, um möglichst viele Menschen dafür zu begeistern.