Jahresbericht 1982
Berichtszeitraum: 1. April 1982 bis 31. März 1983
Präsident
Das Jahr 1982 kann als Jahr der Konsolidierung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) bezeichnet werden: Die Änderungen der Struktur der DPG, wie sie durch die neue, im Mai 1982 ins Vereinsregister eingetragene Satzung vorgeschrieben wurden, fanden ihren Abschluß darin, daß im November 1982 der satzungsgemäß gewählte Vorstandsrat zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentrat. Da dieses Gremium in vielen wichtigen Angelegenheiten der DPG zu entscheiden hat, wird die Zukunft zeigen, in welcher Hinsicht der Vorstandsrat die Richtung, die die DPG einschlagen soll, bestimmen wird. Bei der Durchführung der Wahl zeigten sich einige vorher unerkannt gebliebene kleinere Mängel. Ein Vorschlag für eine modifizierte Wahlordnung liegt vor; er soll vom Vorstandsrat auf seiner Herbstsitzung 1983 beraten werden. Satzung und Wahlordnung sind in den Verhandlungen der DPG, Heft 1 (1982), das allen Mitgliedern zuging, abgedruckt. Ausführungsbestimmungen zur Satzung wurden erarbeitet; sie werden voraussichtlich ebenso im Herbst 1983 verabschiedet werden. Bei den Ausführungsbestimmungen wird es darauf ankommen, sie so flexibel zu gestalten, daß sie für die Entwicklung der DPG nicht zu einem Hemmschuh werden.
Im Mittelpunkt des 3. "Tages der DPG" am 5./6. November 1982 im Physikzentrum Bad Honnef stand die Diskussionssitzung über das Thema "Qualität der deutschen Forschung". Die dort gehaltenen Referate wurden vollständig im Märzheft 1983 der Physikalischen Blätter publiziert. Mehr als hundert Physiker nahmen an dieser Sitzung teil. Da Vorstand, Vorstandsrat und weitere Gremien der DPG ihre Sitzungen am Tag der DPG abhielten, waren die Möglichkeiten für einen intensiven Gedankenaustausch gegeben.
Im Herbst 1982 fand die 3. "DPG-Schule für Physik" statt. Das Thema "Makroskopische Quanteneffekte und ihre technischen Anwendungen" war so gewählt, daß Hochschulphysiker und Physiker aus der Industrie gleichermaßen angesprochen wurden. Die 7. Arbeitstagung "Forschungsmanagement in der Physik" im Dezember 1982 fand sehr große Resonanz. Das "Laborbesichtigungsprogramm für Studenten", vom Beratenden Ausschuß der Industriephysiker in der DPG betreut, erfreute sich ebenfalls reger Beteiligung. Weitere Aktionen mit dem Ziel, die Attraktivität der DPG für "angewandte" Physiker zu erhöhen, sowie die Einrichtung einer Arbeitsgruppe Sensorphysik und eines Zentrums für Mikrotechnologie wurden beraten. Der Regionalverband Hessen-Mittelrhein-Saar veranstaltete auch im Berichtsjahr wiederum sein Seminar "Der Physiker im Beruf", das diesesmal von der DPG finanziell unterstützt wurde. Eine Reihe von Veranstaltungen, an denen die DPG beteiligt war, soll ebenfalls erwähnt werden: Am 5. November 1982 wurde in der Staatsbibliothek in Berlin die Ausstellung "Max Born, James Franck, Physiker in ihrer Zeit" eröffnet, die auch in Göttingen, Frankfurt und London gezeigt wurde. In Berlin fand im Herbst 1982 ein Gedenkkolloquium für Hans Geiger statt und im Dezember, anläßlich des Jahrestages des Todes von Heinrich Welker, dem ehemaligen Präsidenten unserer Gesellschaft, ein Kolloquium in München als gemeinsame Veranstaltung der Universität, der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, der DPG und der Firma Siemens. Über alle Veranstaltungen wurde in den Physikalischen Blättern ausführlich berichtet. Wissenschaftspolitisch war das Jahr 1982 stark geprägt von den im Hochschulbereich beabsichtigten Stellenkürzungen und den damit verbundenen Änderungen im Lehrangebot der einzelnen Hochschulen. Der Präsident und der Vizepräsident haben dem Minister für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, dessen "Konzentrationsplan" im Bereich der Physik einen etwa 30%igen Abbau der Ausbildungskapazität vorsah, in einem Brief nicht nur auf die negativen Folgen eines solchen Abbaus hingewiesen, sondern mit einer Reihe von Vorschlägen ihre Mitarbeit angeboten, um Schäden abzuwenden, deren Ausmaß erst in der Zukunft deutlich werden würde. Diese Mahnung wurde durch eine Unterschriftenaktion, die vom Beratenden Ausschuß der Industriephysiker durchgeführt wurde, nachdrücklich unterstützt. Inzwischen wird vom Minister eine Reduktion im Landesmittel von etwa 15 % vorgenommen.
Das Thema "Technik als Unterrichtsfach" war Gegenstand einer Besprechung, die im September 1982 auf Präsidialebene zwischen dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI), der DPG und dem Deutschen Verein zur Förderung des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts (MNU) stattfand, nachdem in einer gemeinsamen Kommission bereits seit längerem darüber beraten wird. Der Hintergrund für die Einführung eines Faches Technik in der Sekundarstufe I liegt in den in den letzten Jahren zu Tage getretenen "Akzeptanzproblemen" des technischen Fortschritts. Die DPG stimmt im Grundsatz mit dem VDI überein, daß die Schule Technikinhalte vermitteln sollte; sie kann dem VDI allerdings nicht darin folgen, daß dafür ein eigenständiges Fach erforderlich ist. Die Einführung könnte unter Umständen zur Folge haben, daß bei konstanter Stundenzahl die Kürzung im wesentlichen zu Lasten des Physikunterrichtes ginge. Ob die Gespräche 1983 zu positiven Ergebnissen führen, muß abgewartet werden. Die Arbeit des Vorstandes der DPG wurde im Berichtszeitraum durch zwei Ereignisse beeinträchtigt. Im Januar 1982 bat das Vorstandsmitglied für Bildung und Ausbildung um Beurlaubung von seinem Vorstandsamt wegen eines anhängigen Ermittlungsverfahrens. Da mit einem schnellen Abschluß des Verfahrens gerechnet wurde, übernahm der Vizepräsident die Vertretung. Leider erfüllte sich diese Hoffnung nicht; das Verfahren war auch Ende 1982 noch in der Schwebe. Da die Amtszeit des Beisitzers 1983 endet, wurde als Nachfolger Herr M. Scheer, Würzburg, in seiner Eigenschaft als Sprecher der "Konferenz der Fachbereiche Physik" (KFP) vorgeschlagen und auf der 47. Physikertagung im März 1983 in Regensburg vom Vorstandsrat einstimmig gewählt. Auch der Vorstandsbereich "Informationswesen, Presse" war neu zu besetzen. Der bisherige Beisitzer, Herr H. W. Schmidt, Ludwigshafen, war bereit gewesen, das Amt für eine weitere Periode zu übernehmen. Eine schwere Erkrankung zwang ihn jedoch Ende 1982 dazu, seine Zusage zurückzuziehen. Da in der Kürze der Zeit bis zur Physikertagung kein Kandidat benannt werden konnte, wird eine Neuwahl erst im Herbst 1983 stattfinden. Der Vizepräsident wird für diesen Zeitraum das Amt vertretungsweise führen. Beiden ausscheidenden Kollegen möchte ich sehr für ihre erfolgreiche Mitarbeit im Vorstand danken.
Die Amtsperiode des Schatzmeisters, Herrn J. Rembser, Bonn, endete mit der Physikertagung 1983. Herr J. Rembser war dankenswerterweise bereit, für eine letzte Periode das Amt des Schatzmeisters auszuüben. Er wurde in Regensburg einstimmig vom Vorstandsrat wiedergewählt Gespräche mit dem Ziel, einen neuen designierten Präsidenten unserer Gesellschaft zu finden, wurden mit der Aufstellung von zwei Kandidaten erfolgreich beendet. Auf der Physikertagung 1983 wurde Herr J. Treusch, Dortmund, derzeitiger Sprecher des Arbeitskreises Festkörperphysik bei der DPG, als designierter Präsident vom Vorstandsrat gewählt. Er wird sein Amt im Frühjahr 1984 antreten.
Abschließend möchte ich nicht versäumen, allen Kollegen, die mich im Berichtsjahr bei meiner Präsidialarbeit bereitwillig unterstützt haben, sehr herzlich zu danken.
Prof. Dr. K. J. Schmidt-Tiedemann
Präsident