Jahresbericht 1992
Berichtszeitraum: 1. April 1992 bis 31. März 1993
Präsident
Das Verhältnis zwischen Politik einerseits und Wissenschaft und Forschung andererseits ist gegenwärtig, besonders im Hinblick auf die Haushaltssituation, erheblichen Spannungen ausgesetzt. Anläßlich des Tages der DPG 1992 wurde daher erstmalig in größerem Rahmen im Wissenschaftszentrum in Bad Godesberg eine öffentliche Diskussion veranstaltet, bei der der Bundesminister für Forschung und Technologie, Dr. H. Riesenhuber, der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Forschung und Technologie, Wolf-Michael Catenhusen und der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Prof. Dr. W. Frühwald Referate hielten. Es schloß sich eine Diskussion mit Bundestagsabgeordneten und Vertretern von Wissenschaft und Wirtschaft an. Über den Verlauf dieser Veranstaltung wurde in den Physikalischen Blättern ausführlich berichtet (vgl. Phys. BI. 49 (1993) 17). Um den Stellenwert der physikalischen Forschung den Politikern und einer breiteren Öffentlichkeit nahezubringen, wurde eine hochrangige Kommission unter dem Vorsitz des Präsidenten der DPG berufen. Sie wird ein Memorandum "Perspektiven der physikalischen Forschung" erstellen.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands ergaben sich auch im Bereich der Physik eine Reihe von Problemen, an deren Lösung viele Mitglieder der DPG aktiv mitgewirkt haben. Da das Zusammenwachsen längere Zeit als ursprünglich erwartet in Anspruch nimmt, habe ich den Vorstandsrat um Zustimmung gebeten, daß die ursprünglich für zwei Jahre in den Vorstand (2) und Vorstandsrat (6) gewählten Mitglieder aus den neuen Bundesländern als Gäste ein weiteres Jahr an den Sitzungen beider Gremien teilnehmen können.
Zur Freude aller konnte im November 1992 der Vertrag zur Instandsetzung und künftigen Nutzung des Magnushauses in Berlin zwischen dem Land Berlin, der Siemens AG und der DPG nach Umschiffung einer großen Zahl von Klippen unterzeichnet werden. Dies ist vor allem dem persönlichen Einsatz des Berliner Senators für Wissenschaft und Forschung, Prof. Dr. M. Erhardt und dem unermüdlichen Bemühen des Vizepräsidenten, Prof. Dr. T. Mayer-Kuckuk und unserem Vorstandsmitglied, Prof. Dr. H. G. Danielmeyer zu verdanken. Kurz nach Unterzeichnung des Vertrages wurde mit den Instandsetzungsarbeiten begonnen und es ist geplant, das Magnushaus rechtzeitig zur 150-Jahr-Feier der DPG im Januar 1995 seiner neuen Bestimmung zu übergeben.
Die Aktivitäten der Fachverbände stellten auch im vergangenen Jahr einen Schwerpunkt im Programm der DPG dar. Bei der Organisation von Seminaren und der Teilnahme von insbesondere jungen Physikern an Tagungen ist die Unterstützung der Dr. Wilhelm Heinrich Heraeus und Else Heraeus-Stiftung von größter Bedeutung. Im Herbst 1992 konnte das 100. Heraeus-Seminar gefeiert werden. Neue Aufgaben stellen sich bei der Zusammenarbeit mit den osteuropäischen Ländern. Persönliche Beziehungen, die in gegenseitigen Besuchen mit Vertretern der physikalischen Gesellschaften in Tschechien und der Slowakei hergestellt wurden, haben die Voraussetzungen für Kooperationsabkommen, die in Kürze abgeschlossen werden sollen, geschaffen. Auch mit der russischen und der euro-asiatischen Gesellschaft wurden erste Kontakte aufgenommen. Mit der Polnischen Physikalischen Gesellschaft soll dies in naher Zukunft geschehen. Mit der Ungarischen und Bulgarischen Gesellschaft wurden Verträge bereits früher unterzeichnet. Bei der Zusammenarbeit stehen im Vordergrund die Beteiligungen an Tagungen und Workshops, der Austausch von Physikern und Informationen über die Tätigkeiten der Gesellschaften. Auch hier ist die Hilfe der WE-Heraeus-Stiftung sehr wertvoll.
Als größte Gesellschaft Europas spielt die DPG eine wichtige Rolle bei den Aktivitäten der Europäischen Physikalischen Gesellschaft. Auch hier bildet die Zusammenarbeit mit den osteuropäischen Gesellschaften einen Schwerpunkt. Für die Neugestaltung der Struktur der EPS wurden von Seiten der DPG wichtige Anregungen gegeben. Mit der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft wurde ein Kooperationsabkommen unterzeichnet, das die gegenseitige Teilnahme von Mitgliedern einer Gesellschaft an Tagungen der anderen regelt und eine intensivere Zusammenarbeit der Vorstände wurde vereinbart.
Der Vorstandsrat hat zum Designierten Präsidenten Herrn Prof. Dr. H. G. Danielmeyer, München, der gegenwärtig im Vorstand der DPG für den Bereich Berufsfragen und Wissenschaftlicher Nachwuchs zuständig ist, gewählt. Als Nachfolger von Herrn Prof. Dr. M. Schwoerer, Bayreuth, dem auch an dieser Stelle für seine intensive und erfolgreiche Tätigkeit im Vorstand im Bereich Bildung und Ausbildung herzlich gedankt sei, wurde Herr Prof. Dr. P. Reineker, Ulm gewählt. Bei der Jahrestagung in Mainz 1993 wurde erstmalig die Stern-Gerlach-Medaille für experimentelle Arbeiten als gleichberechtigte höchste Auszeichnung der DPG neben der Max-Planck-Medaille, die für theoretische Leistungen vorgesehen ist, verliehen.
Prof. Dr. H. Schopper
Präsident