01.01.1999

Pressemitteilung

der Deutschen Physikalischen Gesellschaft

Neue Wege zu leuchtendem Silizium

Herstellung von Leuchtdioden mit Siliziumtechnologie angestrebt

Als L. Canham vor neun Jahren entdeckte, daß poröses Silizium bei Zimmertemperatur rot leuchtet, waren die Forscher hellauf begeistert: Erstmals schien es möglich, das in der Elektronik am häufigsten verwendete Element auf effiziente Weise zum Leuchten zu bringen. Damit schien sich die Möglichkeit zu eröffnen, optische Übertragungszweige zusammen mit elektronischen Schaltkreisen platzsparend auf demselben Chip unterzubringen. Die Forschung konzentrierte sich zunächst auf den Ursprung des Leuchtens (Lumineszenz) in der filigranen Struktur des porösen Siliziums, das aus winzigsten Stegen und Poren besteht. Optische Übergänge, die im massiven Kristall im Infraroten sind, werden in den nur wenigen millionstel Millimeter (Nanometer) feinen "Quantenschwämmen" in den sichtbaren Spektralbereich verschoben. Eine intensive Erforschung der optischen und strukturellen Phänomene nanokristalliner Materialien ist die Basis für die Entwicklung neuartiger lumineszierender Strukturen. Auf der Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft vom 22. bis 26. März in Münster berichtet Dr. Margit Zacharias von der Universität Magdeburg über Fortschritte auf diesem Gebiet.

Den Schwerpunkt ihrer Arbeit legt Frau Zacharias auf lumineszierende Materialien, die sich mit den in der Siliziumtechnologie üblichen Beschichtungstechniken herstellen lassen. Dies ist eine wichtige Vorbedingung dafür, daß die neuartigen optoelektronischen Bauelemente mit maßgeschneiderten Eigenschaften zur Produktionsreife gelangen können. Poröses Silizium, entstanden durch elektrochemisches Ätzen, ist zu fragil und reaktiv, um mit der Siliziumtechnologie problemlos zu harmonieren.

Frau Zacharias untersuchte systematisch die Lumineszenz winziger Kristallite des Halbleiters Germanium. Diese, auch als Quantenpunkte bezeichneten Strukturen, sind in eine Matrix aus amorphem Siliziumdioxid eingebettet. Theoretischen Erwartungen zufolge ist die Größe der Quantenpunkte bestimmend für die Farbe des Lichts, welche die Kristallite nach Anregung mit Laserlicht abstrahlen. Überraschenderweise zeigt sich bei diesen Germaniumstrukturen, daß die ausgesendete Wellenlänge völlig unabhängig von der Größe der Quantenpunkte ist. Mit ihrer Arbeit gelang es Frau Zacharias, spekulative Behauptungen zur Lumineszenz der Germanium Nanokristalle zu widerlegen und ihnen alternative, physikalisch sinnvollere Modelle entgegenzustellen. Für das blaue Lumineszenzlicht fand Margit Zacharias eine einleuchtende Erklärung: Das Leuchten entsteht offenbar durch einen speziellen Defekt an der Grenzfläche zwischen den Nanokristallen und der umgebenden Matrix aus Siliziumdioxid.

Ein weiterer Schritt in Richtung geordneter nanokristalliner Strukturen ist die Erzeugung von Mehrfachschichtsystemen, in denen dünne Schichten von Silizium und Siliziumdioxid abwechselnd übereinander geschichtet sind. Forscher sprechen von Übergitterstrukturen. Die Lumineszenz entstammt den dünnen Siliziumschichten, die genau genommen aus einander berührenden Nanokristallen bestehen. Ziel ist es, die Größenverteilung, Packungsdichte und Grenzfläche der Silizium Nanokristalle vorhersagen zu können und sie anschließend kontrolliert herzustellen. Interessanterweise ist die Dicke der Siliziumschicht bestimmend für die Größe der leuchtenden Kristallite, wie Frau Zacharias feststellte. Sie zeigte darüber hinaus auf eindrucksvolle Weise, daß die Kristallisationstemperatur des Siliziums stark (exponentiell) anwächst, wenn die Schichten dünner als sieben Nanometer werden. Ein Modell dieses hochinteressanten Phänomens arbeitet die Forscherin zur Zeit aus.

Die bisherigen Erfahrungen mit solchen neuartigen lumineszierenden Halbleitermaterialien belegen die Komplexität der zu beherrschenden Effekte, die beispielsweise durch Quanteneffekte, Defekte oder Grenzflächeneffekte verursacht werden. Auch wenn bereits erste technische Erfolge in Form von Leuchtdioden vorzuweisen sind, steckt die Forschung noch in den Anfängen. Die optischen und strukturellen Eigenschaften nanokristalliner Materialien gezielt beinflussen zu können gehört zu den Herausforderungen der kommenden Jahre - sowohl für die Grundlagenphysik als auch in technologischer und materialwissenschaftlicher Hinsicht.

Weitere Informationen:

Dr. Margit Zacharias
Institut für Experimentelle Physik, Universität Magdeburg
Tel.: 0391 671 2744
Fax.: 0391 671 1130
E-Mail:

Prof. Dr. Klaus Wandelt
Institut für Physikalische Chemie der Universität Bonn
Tel.: 0228 732253
Fax.: 0228 732515
E-Mail:

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