der Deutschen Physikalischen Gesellschaft
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Neue Forscher braucht das Land
Erstes deutsches Schülerforschungszentrum sucht Teilnehmer
Spätestens seit dem negativen Abschneiden der deutschen Schüler und Schülerinnen bei der internationalen TIMS-Studie sucht man hierzulande nach Ideen, um die naturwissenschaftliche Ausbildung effizienter und attraktiver zu gestalten. Jetzt ist eine der Ideen Realität geworden: Ein Schülerforschungszentrum (SFZ), in dem Jugendliche in kleinen Teams an einer wissenschaftlichen Fragestellung selbstständig arbeiten können. Das SFZ Oberschwaben, das kürzlich eingerichtet wurde, ist das erste seiner Art in Deutschland.
Das SFZ ist in einem Netzwerk organisiert, an dem sich das Störck-Gymnasium in Saulgau, das Kepler-Seminar in Stuttgart und die Universität Ulm beteiligen. Unterstützt wird das SFZ vom Kultusministerium Baden-Württemberg, der Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung (Hanau), der Stiftung für Bildung und Behindertenförderung (Stuttgart), der Kienzelmann-Stiftung (Saulgau) sowie der Stadt Saulgau. Zur offiziellen Eröffnung, am 14. Januar 2000 in Saulgau, werden 150 Gäste erwartet - unter ihnen Prof. Dr. Markus Schwoerer, Vizepräsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) und wissenschaftlicher Beirat der Heraeus-Stiftung, sowie Walter Mäck, Ministerialdirektor im Kultusministerium des Landes Baden-Württemberg.
Schülerinnen und Schüler ab Klasse 11 können auch noch während des laufenden Schuljahres beim SFZ einsteigen. Zur Zeit engagieren sich rund 30 Jugendliche aus dem Raum zwischen Ulm und Bodensee am SFZ in Saulgau. Einige der jungen Wissenschaftler nehmen dafür bis zu zwei Stunden Anfahrtszeit in Kauf - die Reisekosten ersetzt das Kultusministerium. Geforscht wird Freitagnachmittags. Keine üblichen Schulaufgaben stehen auf dem Programm, sondern knifflige Probleme aus den Naturwissenschaften: Wie entwickeln sich die Gasbläschen an der Wand einer Sprudelflasche? Welche Höhe erreichen die Wasserspritzer, wenn eine Kugel ins Wasser fällt? Wie reißt Papier? Auf diese scheinbar banalen Fragen gibt es tatsächlich keine Antworten, die man ohne Weiteres in einem Physikbuch nachschlagen könnte - hier ist echter Forschergeist gefragt. Und so investieren die Schüler nicht selten mehrere Monate, um einem Problem auf die Spur zu kommen. Von der Literaturrecherche bis zur Computersimulation durchlaufen sie in kleinen Gruppen alle Phasen einer Forschungsarbeit. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem eigenständigen Experimentieren, denn das kommt in der Schule meist zu kurz. Die Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung unterstützt das SFZ bei der Anschaffung der nötigen Geräte. So möchte man demnächst - ausgerüstet mit einer Hochgeschwindigkeitskamera - Wassertropfen auf einer schwingenden Stimmgabel unter die Lupe zu nehmen. Bei aufwendigen Laborversuchen steht den jungen Forschern die Abteilung für Experimentelle Physik der Universität Ulm zur Seite. Zu diesem Zweck finanziert die Stiftung für Bildung und Behindertenförderung eine wissenschaftliche Hilfskraft im Arbeitskreis von Prof. Dr. Othmar Marti.
Am Kepler-Seminar in Stuttgart werden bereits seit den 80er Jahren Oberstufenschüler gefördert, die sich besonders für Mathematik und Naturwissenschaften interessieren. Verantwortlich ist hier Dr. Alexander Urban. Am Störck-Gymnasium Saulgau liegt die Projektleitung für das SFZ bei Studiendirektor Rudolf Lehn. Er betreut die jungen Forscher zusammen mit Oberstudienrat Peter Breitfeld und Oberstudienrat Reinhard Grimm in Physik, Chemie und angewandter Mathematik. Die Lehrstunden stellt das Kultusministerium zur Verfügung. Aufgrund seines langjährigen Einsatzes bei der Förderung junger Talente wurde Lehn 1998 mit dem "Karl Heinz Beckurts-Preis" ausgezeichnet und in diesem Jahr von Bundespräsident Herzog zu einer Podiumsdiskussion mit engagierten Lehrerinnen und Lehrern eingeladen. Letzten Mai gewann ein Schülerteam, angeführt von Rudolf Lehn und Bernd Kretschmer, das zwölfte International Young Physicists' Tournament (IYPT) in Wien. Es war der zweite Triumph für eine deutsche Auswahl, Lehn hatte bereits die siegreiche Equipe von 1995 geleitet. Aus der Schülergruppe des SFZ hoffen Lehn und seine Mitstreiter auch für den kommenden IYPT-Wettbewerb - der "Weltmeisterschaft junger Physikerteams" - eine schlagkräftige Mannschaft zusammenzustellen. Weitere Informationen über das Schülerforschungszentrum findet man im Internet unter:
Die Deutsche Physikalische Gesellschaft e. V. (DPG), deren Tradition bis in das Jahr 1845 zurückreicht, ist die älteste nationale und mit über 62.000 Mitgliedern auch größte physikalische Fachgesellschaft der Welt. Als gemeinnütziger Verein verfolgt sie keine wirtschaftlichen Interessen. Die DPG fördert mit Tagungen, Veranstaltungen und Publikationen den Wissenstransfer innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft und möchte allen Neugierigen ein Fenster zur Physik öffnen. Besondere Schwerpunkte sind die Förderung des naturwissenschaftlichen Nachwuchses und der Chancengleichheit. Sitz der DPG ist Bad Honnef am Rhein. Hauptstadtrepräsentanz ist das Magnus-Haus Berlin. Website: www.dpg-physik.de