17.05.2001

der Deutschen Physikalischen Gesellschaft

der Deutschen Physikalischen Gesellschaft

Kein Horror vor dem Schulfach Physik

Buchpreis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft für herausragende Abiturienten

Sich mit Physik zu beschäftigen, gilt unter Jugendlichen geradezu als exotisch: Beinahe zwei Drittel aller Schülerinnen und Schüler wählen dieses Fach zum frühestmöglichen Zeitpunkt ab. Unter den rund 250.000 Abiturienten in diesem Jahr sind die Physikerinnen und Physiker fast eine Randerscheinung. Aber es gibt sie doch: Etwa 2.400 Absolventen - die besten im Fach Physik - erhalten in diesen Wochen den Buchpreis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG). Die Auszeichnung besteht aus einer Urkunde und einem Buch über den aktuellen Stand der physikalischen Forschung. Mit ihrer Initiative will die DPG frühzeitig den wissenschaftlichen Nachwuchs fördern, der Buchpreis würdigt außerdem das Engagement der betreuenden Lehrerinnen und Lehrer. Ferner möchte die DPG darauf hinweisen, dass das allgemeine Desinteresse an der Physik, insbesondere für ein Physik-Studium, zu einem gravierenden Mangel an Fachkräften führt. DPG-Präsident Dr. Dirk Basting kommentiert die gegenwärtige Entwicklung mit den Worten: "Ich bin davon überzeugt, dass wir bald eine Green-Card für Physiker benötigen."

Der DPG-Buchpreis wurde im Jahr 2000 erstmals bundesweit vergeben, damals beteiligten sich rund 1.800 Schulen an der Aktion. Für dieses Jahr haben bisher über 2.300 Gymnasien aus dem gesamten Bundesgebiet Preisträger angekündigt. Ausgezeichnet wird auf Vorschlag der jeweiligen Schulleitung die Abiturientin oder der Abiturient, der im Fach Physik die besten Leistungen erzielt hat. Der Preis wird mit Unterstützung der Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung finanziert und meist im Rahmen der Abiturfeierlichkeiten überreicht. Die Urkunde ist von der Schulleitung sowie dem DPG-Präsidenten Dirk Basting signiert. Neben den Abiturbesten werden auch jene Absolventen ausgezeichnet, die "nur" gut in Physik abgeschnitten haben. Sie erhalten ebenfalls eine Urkunde sowie ein Jahresabonnement der "Physikalischen Blätter", dem Monatsmagazin der DPG. Insgesamt rechnet die DPG mit etwa 6.000 Preisträgern in diesem Jahr.

Die Auszeichnung soll Ansporn sein, der Physik treu zu bleiben und die Abiturienten ermutigen, das Fach zu studieren. Die Jobperspektiven sind gut, besonders für Berufseinsteiger. Dieser Trend hält bereits einige Zeit an. Im letzten Jahr hat sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt "weiter entspannt", so Wolfgang Henniger von der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV). Henniger verweist auf die noch vorläufige Statistik für das Jahr 2000: Während im Laufe des vergangenen Jahres circa 3.600 frisch gebackene Absolventen mit Diplom- oder Promotionsabschluss auf den Arbeitsmarkt drängten, waren zum Jahresende weniger als 70 Berufsanfänger arbeitslos. Insgesamt erfassten die Arbeitsämter etwa 1.900 erwerbslose Physiker (über die Hälfte war älter als 45 Jahre). Damit sank die Zahl der Arbeitslosen um rund 15 Prozent gegenüber 1999.
Physiker gelten unter den Naturwissenschaftlern als Generalisten, die sich rasch in technische Raffinessen einarbeiten können. Dennoch sind sie keineswegs auf den Aufgabenbereich Technik festgelegt: Dank ihrer analytischen Fähigkeiten stehen Physikerinnen und Physikern viele Berufsfelder offen - dieses Potential wird von Absolventen stärker wahrgenommen als noch vor einigen Jahren. "Das geänderte Berufsbild bringt es mit sich, dass immer weniger Physiker in ihrem Beruf viel mit Physik zu tun haben werden", so Dr. Helmut Krauth, im Vorstand der DPG verantwortlich für Berufsfragen und wissenschaftlichen Nachwuchs. "Allerdings können sie im Beruf trotzdem viel von dem anwenden, was sie im Studium gelernt haben". Die "Kunst der Physiker, sich neue Berufsfelder zu erschließen", erläutert Wolfgang Henniger von der ZAV, spiegele sich in dem Stellenangebot wider. Neben Offerten aus der klassischen Sparte "Forschung und Entwicklung" oder der Softwarebranche registrierten die Arbeitsämter im Jahr 2000 großes Interesse von Seite der Unternehmensberater. Angebote gab es außerdem aus dem Bereich Patentwesen.

Zwar sind Physiker keine aussterbende Art, aber da die Physik während der 90er Jahre nicht gerade zu den beliebtesten Studienfächern zählte, werden sie auf dem Arbeitsmarkt immer mehr zur Mangelware: im Jahr 2000 legten noch 2.055 Studierende eine Diplom-Prüfungen ab, für 2002 rechnet man gerade einmal mit etwa 1.300 Absolventen. Während das Diplom-Studium seit kurzem wieder attraktiver erscheint - im Wintersemester 2000/2001 entschieden sich 3.855 Anfänger für diesen Studiengang, eine Zunahme von 4,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr - nimmt die Zahl neuer Lehramtskandidaten weiterhin ab. Wie im Fall der Diplom-Physiker wird bereits jetzt der Bedarf an Physik-Lehrern kaum abgedeckt. Angesichts dieser sinkenden Absolventenzahlen werden Physikerinnen und Physikern auch für die Zukunft gute Chancen eingeräumt.