Gemeinsame Pressemitteilung
der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und der Konferenz der Fachbereiche Physik
Neueste Daten zum Physikstudium
Mehr Studierende, doch kein Ende des Lehrermangels in Sicht
Bad Honnef, 27. August 2009 – Die Zahl der Physikstudierenden an deutschen Universitäten hat gegenüber dem Vorjahr um 2,6 Prozent auf 29.215 zugenommen. Gleichzeitig gibt es mehr Absolventen, während die Zahl angehender Lehrerinnen und Lehrer um rund 15 Prozent zurückgegangen ist. Diese und weitere Daten rund um das Physikstudium finden sich in der jüngsten Ausgabe des „Physik Journal“. (Bild: Photocase.com)
Die Statistik wurde von der Konferenz der Fachbereiche Physik (KFP) erhoben und umfasst das Wintersemester 2008/2009 sowie das Sommersemester 2009. Die zugrunde liegende Umfrage unter den deutschen Universitäten, die ein Physikstudium anbieten, zeichnet ein detailliertes Bild der Neuzugänge, Zwischenprüfungen und Abschlüsse. Demnach hat sich die Gesamtzahl der Physikstudierenden in jüngster Zeit stetig erhöht: Im Sommersemester 2009 waren bundesweit 29.215 Studierende gemeldet, in den beiden Vorjahren zählten die physikalischen Fachbereiche und Fakultäten 28.461 beziehungsweise 25.479 Studierende.
Die aktuelle Erhebung spiegelt auch die Änderung der Studienlandschaft infolge der „Bologna-Reform“ wider: Einst gab es nur die Wahl zwischen Diplom und Lehramt, inzwischen bieten die Physikfachbereiche ein breites Spektrum an Bachelor- und Masterstudiengängen an. Derzeit gibt es 16 verschiedene Arten von Studiengängen. Wobei manche davon nicht ausschließlich der Physik gewidmet sind, die Physik bildet lediglich den Schwerpunkt des Lehrplans.
Leichter Zuwachs im Fachstudium
Gemäß der jüngsten Erhebung gab es in den Fachstudiengängen – dem Diplom, das vereinzelt noch angeboten wird, und dem Physik-Bachelor – insgesamt 6.071 Neueinschreibungen. Dies ist ein Zuwachs von 1,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Die weiterhin hohen Anfängerzahlen sind ein klares Indiz dafür, dass das Physikstudium attraktiv bleibt“, meint Gerd Ulrich Nienhaus, KFP-Sprecher und im Vorstand der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) für das Ressort „Bildung und wissenschaftlicher Nachwuchs“ verantwortlich. „Naturgemäß gibt es inzwischen immer weniger Einschreibungen für den Diplomstudiengang, weil dieser kaum noch angeboten wird. Aber dieser Rückgang wird durch die Neueinschreibungen für das Bachelorstudium mehr als wettgemacht.“
Deutlicher Rückgang im Lehramtsstudium
Im Lehramtsstudium gab es allerdings rund 15 Prozent weniger Anfänger als im Jahr 2008. Nienhaus sieht diese Entwicklung mit Sorge: „Es ist dringend notwendig, etwas für die Attraktivität des Berufs des Physik-Lehrers zu tun“, betont er, „denn schon jetzt fehlen hierzulande Lehrkräfte für dieses Fach. Mittlerweile haben rund 45 Prozent der Physik-Referendare für die gymnasiale Oberstufe kein Lehramtsstudium absolviert.“ Die Einstellung solcher Quereinsteiger sei problematisch, meint Nienhaus: „Nicht immer sind sie auf die Anforderungen des Schulunterrichts so vorbereitet, wie man sich das wünschen würde.“ Deshalb fordere die DPG eine qualifizierte Ausbildung sowohl von Quer- als auch von Seiteneinsteigern. Letztere treten sogar ganz ohne Referendariat in den Schuldienst ein. „Bislang jedoch kommen solche Maßnahmen viel zu kurz. Und das gefährdet die Qualität des Physikunterrichts.“
Abbrecherquote und Masterstudiengänge
Betrachtet man die Bandbreite aller Physikstudiengänge, so geben bis zu 30 Prozent der Studierenden ihr Studium während des ersten Jahres auf. Dieser Schwund ist seit Jahren nahezu unverändert. „Es ist jedenfalls erfreulich, dass sich die Abbrecherquote mit Einführung der sehr arbeitsintensiven Bachelorstudiengänge bislang nicht erhöht hat“, so Nienhaus. Allerdings sind die weiterführenden Masterstudiengänge noch nicht ausgelastet, auch wenn sie mit der wachsenden Zahl von Bachelorabsolventen einen stetig steigenden Zulauf verzeichnen. So wuchs die Zahl der Neueinschreibungen in den Master-Fachstudiengängen um knapp 32 Prozent.
Gegen eine Beschneidung des Masterstudiums
In der Physik ist das Bachelorstudium auf drei Jahre, das Masterstudium auf zwei Jahre ausgelegt. Jüngsten Überlegungen, das Bachelorstudium auf vier Jahre auszudehnen und dafür das Masterstudium auf ein Jahr zu kürzen, tritt KFP-Sprecher Nienhaus entschieden entgegen: „Es hat sich bewährt, das Physikstudium nach dem Muster ‚drei plus zwei‘ aufzuteilen. Denn nur ein zweijähriges Masterstudium bietet ausreichend Zeit für eine einjährige Forschungsarbeit, die schon Absolventen des traditionellen Diplomstudiengangs für die Wirtschaft besonders attraktiv machte. Auf keinen Fall darf der Master zu einem Notprogramm verkommen.“
Mehr Absolventen
Die Zahl der Diplomprüfungen ist mit 2.425 gegenüber dem Vorjahreswert (2.360) nochmals leicht gestiegen und aufgrund der vielen Vordiplomprüfungen ist für die nächsten zwei Jahre noch mit ähnlichen Zahlen von Diplomabsolventen zu rechnen. Die Anzahl der Bachelorabschlüsse (Fachstudium) hat sich mit 398 gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt. Bei den Mastergraden (Fachstudium) ist ebenfalls ein Anstieg zu beobachten: In diesem Jahr sind es 226. „Interessanterweise liegt diese Zahl höher als die der Bachelorabschlüsse vor zwei Jahren“, bemerkt Nienhaus. „Das erklärt sich dadurch, dass die Masterprogramme zum Teil Kandidaten aus anderen Fächern und aus dem Ausland rekrutieren.“ Die Zahl der Lehramtsprüfungen (Staatsexamen und Master) ist mit insgesamt 364 relativ zum Vorjahr praktisch unverändert.
Leichter Rückgang der Promotionen
Nächste Sprosse auf der akademischen Titelleiter ist die Promotion und der damit verbundene Doktorgrad. „Hierzulande beruht die physikalische Forschung wesentlich auf der Arbeit von Doktoranden“, betont Nienhaus. „Für unsere Forschungslandschaft sind sie enorm wichtig. Wohlgemerkt handelt es sich dabei nicht um Studierende, sondern um berufstätige Wissenschaftler.“ Von der jüngsten Statistik wurden 1.224 Promotionen erfasst, was einem Rückgang um etwa drei Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Unter den Promovierenden sind solche aus dem Ausland weiterhin stark vertreten: Mehr als ein Fünftel der Doktortitel ging an Forscherinnen und Forscher mit ausländischem Pass.