Physikzentrum Bad Honnef - Ein Platz für Dialog und Inspiration

Im Jahr 2006 feierte das Physikzentrum Bad Honnef sein 30-jähriges Bestehen und das Gebäude den 100. Geburtstag. Das Physikzentrum ist nicht nur ein Begegnungs- und Diskussionsforum von herausragender Bedeutung für die Physik in Deutschland, sondern auch Markenzeichen der Physik auf internationalem Niveau, in dem sich Studierende und Spitzenwissenschaftler bis hin zum Nobelpreisträger zum wissenschaftlichen Gedankenaustausch treffen. So wird das unter Denkmalschutz stehende Gebäude zu einem lebendig genutzten kulturhistorischen Objekt, das seine besonderen Qualitäten gerade aus der Spannung zwischen Gründerzeitarchitektur und modernster Physik bezieht. Trägerin dieser renommierten Einrichtung ist die Deutsche Physikalische Gesellschaft e. V. (DPG), die das Physikzentrum mit Unterstützung der Elly Hölterhoff Böcking-Stiftung der Universität Bonn betreibt.

Geleitwort

pbh_30jahre.jpg
pbh_30jahre.jpg

Die Physik lebt, wie alle Wissenschaften, von der Leistung ihrer Protagonisten, von deren Genialität und Fleiß und von der Akzeptanz und Förderung durch die Gesellschaft. Sie lebt aber auch ganz wesentlich von der wissenschaftlichen Kommunikation, vom Erfahrungsaustausch und vom wissenschaftlichen Disput. Ohne regelmäßige Treffen auf Konferenzen und Seminaren und ohne das direkte Gespräch zwischen den Wissenschaftlern – den jungen Anfängern wie den erfahrenen Älteren, den Doktoranden wie den international renommierten Fachleuten – wäre die Wissenschaft nicht so erfolgreich und so effizient. Zur Katalyse dieses Austausches genügen aber nicht die großen Tagungen und internationalen Konferenzen. Vielmehr sind oft kleine Seminare und Workshops mit weit weniger als hundert Teilnehmern für die Diskussion und für die Mitteilung von Erfahrungen von viel größerer Bedeutung. Sie ermöglichen es den Teilnehmern auch durch räumliche Nähe, in einen sehr intensiven Meinungsaustausch einzutreten, Erfahrungen in wesentlichen Details zu besprechen und wissenschaftliche Diskrepanzen zu lösen oder zumindest klar zu definieren. Auch wenn das oft erst am Abend bei mehreren Gläsern Bier oder Wein gelingt.

Wohl der Wissenschaftsgemeinschaft, die diesen Austausch intensiv pflegt und auch eine dazu geeignete Begegnungsstätte aufweisen kann! Die Gemeinschaft der Physiker hat mit dem Physikzentrum Bad Honnef eine solche Stätte, die nicht nur die Deutsche Physikalische Gesellschaft beherbergt, sondern vor allem als Begegnungsstätte zwischen den Physikern und Kollegen aus benachbarten Disziplinen dient. Ohne ein solches Wissenschaftsforum wäre die Physik in Deutschland in der internationalen Spitzenforschung nicht so erfolgreich und würde es den Physikern nicht so viel Freude bereiten, miteinander zu kommunizieren und zu kooperieren – dies ist ein besonderes Verdienst des Physikzentrums Bad Honnef am Fuße des Siebengebirges mit Blick auf den Drachenfels.

Vor diesem Hintergrund freut mich das diesjährige Doppeljubiläum ganz besonders: 30 Jahre Physikzentrum Bad Honnef und 100 Jahre Gebäude der Elly-Hölterhoff-Böcking-Stiftung. Die Rückbesinnung anlässlich eines 100. Geburtstags macht uns den rasanten zeitlichen und kulturellen Wandel bewusst. Das unter Denkmalschutz stehende Anwesen wurde von der Universität Bonn in den Jahren 1904 bis 1906 in Erfüllung eines Vermächtnisses des Ehepaares Hölterhoff errichtet. Bereits im Jahr 1897 übertrug der Honnefer Großkaufmann Otto Hölterhoff sein erhebliches Vermögen der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn mit der Verpflichtung, die Elly- Hölterhoff-Böcking-Stiftung als „Heim für Damen höherer Stände“ und „Haushaltsschule für Mädchen aus dem Volke“ einzurichten, was ab 1906 geschah. Ab 1947 nutzte die Universität Bonn das Gebäude für besondere Aufgaben in Forschung und Lehre, und daneben diente es „Damen höherer Schichten“ als Altersheim. 1976 wurde das Gebäude schließlich in eine Tagungs- und Begegnungsstätte der Physik mit Übernachtungskapazitäten umgewandelt – die Geburt des heutigen Physikzentrums.

Dieses Physikzentrum, partnerschaftlich betrieben durch die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) als Trägerin (seit 1986), die Universität Bonn (Elly-Hölterhoff-Böcking-Stiftung) und das Land Nordrhein-Westfalen, entwickelte sich rasch zum herausragenden wissenschaftlichen Begegnungs- und Diskussionsforum der Physik in Deutschland. Bald wurde es auch zu einem Markenzeichen der Physik auf internationalem Maßstab. So kann es passieren, dass Kollegen im fernen Japan oder in den USA bei der Erwähnung des Namens Bad Honnef begeistert von einem Seminar erzählen, das für sie wegen der herausragenden wissenschaftlichen Atmosphäre und dem besonderen Ambiente denkwürdig ist – und das meist von der Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung gefördert wurde. Und es verwundert nicht weiter, dass die bekannteste Suchmaschine im Internet beispielsweise unter dem Stichwort „Bad Honnef“ auf den ersten zehn Seiten mindestens je einmal das Physikzentrum nennt. Selbst auf den chinesischen und japanischen Internetseiten gibt es hunderte von Treffern. Gar mancher deutsche Physiker, auch der Autor dieser Zeilen, verdankt dem Physikzentrum vieles, z. B. die Aufnahme in die Community, spannende Seminare und Workshops, viele wichtige Bekanntschaften und Freundschaften und vielleicht sogar einen Karriereschub.

Untrennbar verbunden mit dem Physikzentrum ist die DPG. Sie hat dort ihre Geschäftsstelle sich regelmäßig zum Tag der DPG und zu Sitzungen. Mit Tagungen, Symposien und Weiterbildungsveranstaltungen fördert die DPG den Gedankenaustausch innerhalb der Gemeinschaft, sich in der gesellschaftlichen Diskussion und äußert sich öffentlich zu Themen wie Klimaschutz, Bildungs- und Hochschulthemen sowie zur Forschungs- und Energiepolitik. Die DPG ist zwar älteste (und größte) physikalische Gesellschaft weltweit, sie ist mit einem Median von 34 Jahren hinsichtlich des Mitgliedsalters zugleich eine sehr junge Gesellschaft. Ihr Aufgabenspektrum sich von der Nachwuchsförderung mit Schülerwettbewerben, wie etwa „Jugend forscht“, Auszeichnungen für Abiturientinnen und Abiturienten, über die Lehrerfortbildung bis zum wissenschaftlichen Austausch, z. B. bei den bekannten Frühjahrstagungen. Die DPG ist die Gemeinschaft aller Physiker, der Schüler, Lehrer, Studierenden, Professoren, Wissenschaftler in der Forschung der Industrie einschließlich der Physiker, die in anderen Berufen untergekommen sind.

Das Physikzentrum in Bad Honnef ist somit eine herausragende Institution von internationalem Ruf, die den Vergleich mit ihren Partnereinrichtungen in Les Houches (Frankreich), Varenna (Italien) und St. Andrews (Schottland) nicht zu scheuen braucht. Sie ist in der physikalischen Landschaft ein Leuchtturm, der vielen Physikern hilft, den Kurs zu finden oder zu halten. Das Physikzentrum gereicht damit der DPG, der Stadt Bad Honnef und dem Land NRW zur Ehre und bietet den Physikern ein Zuhause.

Ad multos annos.

Prof. Dr. Eberhard Umbach
Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft

 

 

Leseproben:
"Planen für ein Denkmal" und "Jugend trifft das Original"

Bezug:
Das Buch kann gegen Vorkasse und für € 5,00 zzgl. Versandkosten pro Exemplar bezogen werden. Bestellungen richten Sie mit Ihrer vollständigen Adresse bitte an: Deutsche Physikalische Gesellschaft e. V., Hauptstraße 5, 53604 Bad Honnef,