Physik in der Gesellschaft – Physik für die Gesellschaft

175 Jahre „Deutsche Physikalische Gesellschaft“ sind Grund genug, eine erstaunliche Geschichte zu feiern: Was 1845 mit sechs jungen Physikern aus dem Kolloquium von Gustav Magnus als „Physikalische Gesellschaft zu Berlin“ begann, wurde zur „Deutschen Physikalischen Gesellschaft“ mit mittlerweile 60.000 Mitgliedern.

Gründungsväter.png
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Physikerinnen und Physiker brauchen Gesellschaft, um sich auszutauschen, ihre Begeisterung zu teilen und um bei aller nötigen Spezialisierung das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren. Und die Gesellschaft braucht die Physik, denn: Physik steckt in allem und überall, in der Geschichte des Universums, dem Aufbau der Materie, aber auch in moderner Kommunikationstechnologie oder fortschrittlichen Methoden der Medizin.

Im Jubiläumsjahr 2020 möchten wir die Öffentlichkeit und die Physik-Community einladen, die Faszination für Physik zu erleben und zu teilen, aber auch um über Chancen und Risiken von Forschung und Anwendung zu diskutieren. Das lässt sich gerade im Spiegel von 175 Jahren DPG zeigen, die nicht nur Teil der faszinierenden Geschichte der Physik ist, sondern immer auch der gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen.

Max Planck wollte 1899 seine Quantenhypothese selbst kaum wahr haben, aber er legte damit den Grundstein für die Quantenmechanik, ohne die unsere moderne Technik nicht möglich wäre. Einsteins neue Konzepte von Raum und Zeit erweisen sich heute als unverzichtbar für unsere GPS-Navigation. Die Kernphysik erklärte, wie Sterne Energie erzeugen, ermöglichte aber auch Kernwaffen und Kernkraft. Und was als Erforschung der kleinsten Bestandteile der Materie begann, führte zu den vielfältigsten Methoden für die medizinische Diagnose und Therapie.

Ein Ziel der DPG ist es daher, verständlich über Chancen und Risiken der physikalischen Forschung zu informieren und aufzuklären –ein Schlüssel für eine informierte Zivilgesellschaft. Wir sehen uns in der Tradition der „Göttinger Erklärung“, bei der sich 18 Physiker im Jahr 1957 gegen die beabsichtigte Bewaffnung der Bundesrepublik Deutschland mit Atomwaffen aussprachen – eine Sorge, die durch die politische Entwicklung im Bereich der atomaren Bewaffnung aktueller denn je ist.

Physikerinnen und Physiker sichern unseren Wohlstand und tragen Ihren Anteil dazu bei, um die komplexen, interdisziplinären Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen, etwa bei der Energieversorgung und Mobilität im Zeichen des Klimawandels und der CO2-Diskussion. Die Zukunft von Informationstechnologie und Künstlicher Intelligenz sind eng mit der Erforschung der Quantenwelt verbunden.

Daher widmen wir uns im Jubiläumsjahr vier besonderen Themenschwerpunkten:

Die Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft ist fest in der Satzung der DPG verankert:
„Die DPG verpflichtet sich und ihre Mitglieder, für Freiheit, Toleranz, Wahrhaftigkeit und Würde in der Wissenschaft einzutreten und sich dessen bewusst zu sein, dass die in der Wissenschaft Tätigen für die Gestaltung des gesamten menschlichen Lebens in besonders hohem Maße verantwortlich sind.“ (Präambel, §2)

Wir füllen diese Verpflichtung auf die unterschiedlichste Weise mit Leben: Durch Ausbildung des Nachwuchses genauso wie durch das Eintreten für faktenbasierten Erkenntnissen in einer weltoffenen und toleranten Gesellschaft. Wissenschaft schlägt Brücken („Science Bridges Cultures“): etwa durch das friedvolle und tolerante Miteinander zwischen den Kulturen, wie es bei den Frühjahrstagungen der DPG gelebt wird. Oder durch das Engagement für die Forschungsanlage SESAME  in Jordanien, die im Mittleren Osten als Brücke für die Völkerverständigung zwischen politischen, kulturellen und religiösen Weltanschauungen dienen soll, so wie das Europäische Kernforschungszentrum CERN nach dem Zweiten Weltkrieg.