Beate Brase
"Mit dem Herzen einer Physikerin treibt mich als Lehrerin um, jungen Menschen, die hoffnungsvoll und z.T. mit Fluchterfahrung zu uns gekommen sind, eine neue (Bildungs-)Heimat und dadurch Zukunftsperspektiven zu ermöglichen."
Beate Brase (DPG-Mitglied seit 2017) unterrichtet am Studienkolleg an der LUH junge Menschen mit z.T. Fluchterfahrung und nicht-anerkannten ausländischen Schulabschlüssen zur Erlangung der Hochschulzugangsberechtigung für ein Studium in Deutschland. Ihr außergewöhnlicher Einsatz für die Didaktik der Physik beschränkt und beschränkte sich auch früher am Gymnasium nie nur auf täglich guten Unterricht. Sie versucht, Bildungschancen zu ermöglichen und Faszination für Naturwissenschaften zu entfachen. Die von ihr entwickelten Schulprojekte und Unterrichtskonzepte reichen von Energiefragen, der Untersuchung der Mechanik in Kampfkunstsportarten über Kooperationen mit der ESA und dem DLR, der Organisation von Kinder-Universitäten bis zur Entwicklung eines mobilen Schülerlabors für Grundschulen. Ihre Arbeiten wurden national und international wie z. B. am Massachusetts Institute of Technology mit dem „Distinguished Teacher of the Year Award“ (2013) oder dem DPG-Lehrerpreis (2016) ausgezeichnet. Persönliche Highlights waren z.B. Lehrerfortbildungen beim CERN und der NASA sowie ein Mitflug bei der SOFIA-Mission. Sie setzt sich für qualifizierte Aus-, Fort- und Weiterbildungen von Lehrkräften und Bildungschancen für In- und Ausländer in Deutschland ein.
Wenn ich nicht Physikerin geworden wäre ...
…hätte ich lange suchen müssen, um einen ähnlich vielseitigen und kreativen Beruf zu finden.
Was bewegt Sie neben Physik und Arbeit?
… andere Kulturen hautnah kennenzulernen und gemeinsam die Schönheit und Faszination unserer Natur zu genießen.
Welchen Bezug haben Sie zur DPG?
Als DPG-Vorstandsmitglied für das Ressort Schule habe ich in der Gemeinschaft der weltweit größten Fachgesellschaft größere Möglichkeiten zusammen mit unseren Gremien in verschiedensten Bildungsangelegenheiten stärker gehört und tätig werden zu können. Das betrifft Anhörungen in Ministerien ebenso wie junge Menschen für den Lehrerberuf zu begeistern, mich für die Durchführung qualitativ hochwertiger Fort- und Weiterbildungen von Lehrkräften einzusetzen oder Lehrkräfte bundesweit - z.B. über die DPG-Fachleitertagung - zu vernetzen. Gemeinsam können wir in der DPG Workshops mit unseren Experten aus Schule, Didaktik und Fachwissenschaft im Physikzentrum Bad Honnef durchführen und vielfältigste Schülerprojekte unterstützen. Dies gelingt nicht ohne die professionelle Unterstützung der DPG-Geschäftsstelle und die großzügige finanzielle Förderung vieler Aktivitäten durch die Wilhelm und Else Heraus Stiftung, denen mein besonderer Dank gilt.
Warum sollten sich Physikerinnen und Physiker verstärkt in den politischen Diskurs bzw. Alltag einbringen?
… weil sie durch ihr breites Fachwissen, ihre ausgeprägte Problemlösekompetenz sowie ihre datenbasierte Analysefähigkeit Voraussetzungen mitbringen, die objektive Bewertungen und Lösungsstrategien ermöglichen, die im politischen Diskurs unerlässlich sein sollten. In diesem Austausch sind sie ein wesentliches Bindeglied bei der Lösung sowohl der großen gesellschaftlichen Fragen wie Energieversorgung, Klimaschutz, KI als auch der kleineren wie der Digitalisierung von und im Physikunterricht. Diese Kompetenzen müssten m. E. von PhysikerInnen selbst viel selbstverständlicher in öffentlichen Diskussionen eingebracht werden.
Woran arbeiten Sie heute?
Mit dem Herzen einer Physikerin treibt mich als Lehrerin die Frage um, wie ich jungen Menschen, die aus dem Ausland und z. T. mit Fluchterfahrung hoffnungsvoll zu uns gekommen sind, eine neue (Bildungs-)Heimat und dadurch Zukunftsperspektiven ermöglichen und sie z. B. in nur zwei Semestern studierfähig machen kann.
Meine Kurse finden in größter Interkulturalität mit Kollegiatinnen und Kollegiaten statt, die überwiegend einen formel-lastigen, fast ausschließlich auf Rechnungen fokussierten Physikunterricht in ihrer Heimat kennengelernt haben. Es freut mich vor diesem Hintergrund ihre Studierfähigkeit durch einen wissenschaftspropädeutisch ausgerichteten Unterricht möglich zu machen. So lässt sich auch vermitteln, dass gerade in der Physik die freie Meinungsäußerung und der Mut, aber auch die Anstrengung, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, nicht nur eine erwünschte, sondern eine notwendige Voraussetzung ist für die Einleitung von Erkenntnisgewinnungsprozessen und gelebte und eingeforderte Toleranz zugleich bedeutet. Mein Beruf erfüllt mich mit großer Freude, weil er ein kleiner verbindender Brückenbaustein ist: „Science bridges Cultures“.