Hans-Reinhard Berger

„Studierende sind der vornehmliche Grund für die Existenz unseres Berufs.“

Hans-Reinhard Berger ist ein außergewöhnlich inspirierendes Vorbild für universitäre Lehre. Seit 1993 engagiert er sich unermüdlich für herausragende Vorlesungen in der theoretischen Physik – von Grundvorlesung bis Spezialvorlesung – ergänzt um fakultative, aber nicht weniger beliebte wie zur Geschichte der Physik. Unbedingt in seiner Einsatzbereitschaft, neben seiner eigenen Lehrverpflichtung bei Vakanzen einzuspringen, trug er mit bis zu 12 Semesterwochenstunden über Jahre zum Vorlesungsbetrieb seiner Hochschule bei. Die „legendäre“ Qualität seiner Vorlesungen würdigen nicht nur ein Blog seiner Hochschule und die Ernennung zum Honorarprofessor , sondern auch die dreifache Auszeichnung mit dem Lehrpreis der Fachschaft Physik. Darüber hinaus setzte sich Hans-Reinhard Berger in zahlreichen Gremien der TU Chemnitz ein, ist kommunalpolitisch aktiv und baute 1997 den Korrespondenzzirkel Physik zur Förderung naturwissenschaftlich interessierter Schüler auf, den er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 2020 leitete. Da mag es nicht verwundern, dass auch seine Emeritierung ihn nicht daran hindert, weiterhin zu lehren – und das sicher noch viele Jahre.

 

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Wenn ich nicht Physiker geworden wäre...

…wäre ich vielleicht in der Pharmazie gelandet, da mich meine Tante als Apothekerin sehr inspirierte, oder hätte mich der Mathematik verschrieben.

 

Was bewegt Sie neben Physik und Arbeit?

Ich wandere sehr gern in den Bergen und habe seit einigen Jahren den Chorgesang für mich entdeckt. Außerdem bin ich seit fast 30 Jahren in der Kommunalpolitik aktiv.

 

Wie stellen Sie sich die DPG in Zukunft bzw. an ihrem 200. Jubiläum im Jahr 2045 vor?

Ich wünsche mir eine politisch unangepasste Organisation als kritischer Begleiter in naturwissenschaftlichen Fragen, die unsere Gesellschaft berühren.

 

Welche Aufgaben hat eine europäisch gedachte Physik?

Sie sollte sich in eine Diskussion über die Rolle (moderner) Kernkraftanlagen in der Energie- und Klimapolitik einbringen.

 

Warum sollten sich PhysikerInnen verstärkt in den politischen Diskurs bzw. Alltag einbringen?

Physiker (oder andere Naturwissenschaftler) sind in der politischen Szene in der Regel nicht zahlreich vertreten und können dort ihre Sachkenntnis und eigene Sichtweise in die Diskussionen einbringen.

 

Mit welchem Thema beschäftigte sich Ihre Abschlussarbeit?

Meine Diplomarbeit und die Dissertation beschäftigten sich mit Themen aus der Nichtgleichgewichtsstatistik polymerer Moleküle in verdünnten Lösungen (Berechnung dynamischer Größen wie Viskosität, Schermodul bzw. dynamischer Strukturfaktoren der Streuung).

 

Welche Fragestellungen der Physik begeistert Sie heute am meisten? 

„Pluralitas non est ponenda sine necessitate.“ (Wilhelm von Ockham)
Nach wie vor begeistert mich, wie ungezwungen die Gelehrten der Scholastik wissenschaftliche Fragen diskutiert haben, welche die Grundlagen unseres heutigen Denkens sind.
Zu gern möchte ich auch noch erfahren, ob die etwas mysteriöse „Dunkle Energie“ künftige kosmologische Theorien „überleben“ wird.

 

Was möchten Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs mitgeben?

Wenn Ihnen in Ihrer wissenschaftlichen Laufbahn die Möglichkeit gegeben ist, als Lehrender vor Studenten zu stehen, so sollten Sie immer im Blick haben, welche Kenntnisse Ihres Fachgebietes für die Studenten künftig von Bedeutung sein könnten, denn letztlich sind Sie ein “Dienstleister”. In diesem Sinne ist mir eine Sentenz zum Credo geworden, welche ich in der Widmung eines Fachbuches fand: “To students, who are the primary reasons for the existence of our profession”.

 

Physik ist wie...

…ein Bachsches Oratorium, bei dem man von unerwarteten, letztlich aber den Inhalt unterstützenden Harmonien überrascht wird.

 

Bild: © privat