Hermann-Friedrich Wagner

"Ich möchte dem wissenschaftlichem Nachwuchs die Freude an den vielen Entdeckungsmöglichkeiten mitgeben, die sich heute mit der großartigen Forschungsinfrastruktur eröffnen, zu denen unsere Forscherinnen und Forscher in Deutschland und Europa Zugang haben."

Hermann-Friedrich Wagner  (ehem. Bundesministerium für Bildung und Forschung, DPG-Mitglied seit 2001) ist Initiator für das "Jahr der Physik", das 2000 erstmals die Physik in den Mittelpunkt des Dialogs zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit stellte. Er hat damit nachhaltig initiiert, dass seit 2000 immer wieder vom BMBF ausgerufene Wissenschaftsjahre stattfanden. Er ist ebenfalls Initiator für das jährliche Wissenschaftsfestival "Highlights der Physik" und für das Online-Angebot "weltderphysik.de".

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Wenn ich nicht Physiker/in geworden wäre ...

… dann wäre ich Astronom geworden.

 

Wie stellen Sie sich die DPG in Zukunft bzw. an ihrem 200. Jubiläum im Jahr 2045 vor?

Die DPG stelle ich mir in Zukunft in einem harmonischen Gleichgewicht zwischen Physikerinnen und Physikern sowie als wichtige, unabhängige Institution für die Gestaltung der deutschen und der europäischen Forschungspolitik vor.

 

Welchen Bezug haben Sie zur DPG?

Das Vorhaben „2000: Jahr der Physik“ entstand mehr zufällig im Herbst 1998. Anlass war eine Anfrage der DPG an das BMBF, ob der Bundespräsident im Dezember 2000 eine Rede halten würde zur Erinnerung an die Geburtsstunde der Quantenphysik durch den Vortrag von Planck am 14. Dezember 1900 vor der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin. Das brachte mich als neu Verantwortlichen für die Förderung von Physik und Astronomie auf die Idee, den Beginn des neuen Jahrtausends zu nutzen, um zum Einen die Bedeutung beider Gebiete stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen und neue Begeisterung bei jungen Menschen sowie interessierten Bürgerinnen und Bürgern für diese Naturwissenschaften zu wecken. Zum Anderen sollte Physik und Astronomie die Gelegenheit bekommen, Bilanz zu ziehen über die wesentlichen Forschungsergebnisse des 20. Jahrhunderts und sich davon ausgehend auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts einzustimmen. Bilanz und die Forschungsperspektiven sollten in verständlicher Weise für die Communities und die interessierte Öffentlichkeit zusammengefasst und publiziert werden.

Um dem Vorhaben die nötige öffentliche Aufmerksamkeit und einen adäquaten Rahmen zu geben, sollte das Jahr 2000 durch die Bundesregierung zum „Jahr der Physik“ erklärt werden mit einer Eröffnungsveranstaltung im Januar in Berlin. So etwas hatte es weltweit für eine Wissenschaft noch nie gegeben und wurde damals auch nirgendwo geplant. Außerdem sollten im Physikjahr neue Formen des Dialogs zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit gesucht und damit Stellenwert und Nutzen von Forschung noch deutlicher gemacht werden.

Für die Arbeitsteilung galt wie in einem Theater: Das BMBF würde die Bühne und die Technik bereitstellen, die DPG und der Rat Deutscher Sternwarten die Stücke und Schauspieler auswählen sowie die Regie übernehmen. Unter dem Generalmotto einer gemeinsamen Reise durch die Physik der ganz großen, der ganz kleinen und der ganz vielen Dinge wurden fünf große öffentliche Veranstaltungen geplant: „Jenseits der Milchstraße“ und „Reise zum Urknall“ für das ganz Große und das ganz Kleine, „Gebändigtes Licht“, „Stein der Weisen“ und - in Gedenken an Planck - „Entdeckung des Zufalls“ für die ganz vielen Dinge.

Über 200 Satellitenveranstaltungen gesellten sich hinzu und mehr als hunderttausend Menschen haben die Veranstaltungen des Physikjahres besucht. Die angestrebte Wissenschaftsbilanz des 20. Jahrhunderts mit Ausblick auf das neue Jahrhundert wurde in der „DPG Denkschrift 2001“ wie auch im Buch „... und Er würfelt doch“ veröffentlicht.

Es ist nicht nur beim schönen Erfolg des Physikjahrs geblieben: Die dadurch initiierten Folgeaktivitäten: die jährlichen Highlights der Physik, das Webportal "weltderphysik.de" und die jährlichen Wissenschaftsjahre treffen seit nun 20 Jahren auf lebhaftes Interesse. Außerdem folgte die UNESCO, nach eigenem Bekunden, später dem deutschen Vorbild, indem sie das Jahr 2005 sogar zum „Weltjahr der Physik“ ausrief.

Der Erfolg war nur möglich durch den enormen persönlichen Einsatz einer sehr großen Anzahl hoch engagierter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ganz Deutschland, die praktisch das gesamte wissenschaftliche Spektrum von Physik und Astronomie repräsentiert haben!

Meine persönliche Konsequenz aus der neuen Faszination für die Physik und die Astronomie, die ich nach mehr als 25 Jahren Wissenschaftsabstinenz bei vielen dieser Veranstaltungen erfahren hatte, war mein Beitritt zur DPG und zur Astronomischen Gesellschaft zum 1. Januar 2001.

 

Welche Aufgabe sehen Sie für die Physik in der Gesellschaft von morgen?

Eine wichtige Aufgabe ist die nachhaltige öffentliche Aufklärung über Tatsachen, die auf physikalischen Gesetzen beruhen, um Sachlichkeit in die oft stark emotionalen politischen Diskussionen zu bringen. Dies sollte durchaus mit Nachdruck und professionell geschehen.

 

Welche Fragestellungen der Physik begeistert Sie heute am meisten?

  • Das Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie.
  • Die Natur der dunklen Energie und der dunklen Materie.
  • Die Vereinheitlichung der vier Wechselwirkungen.
  • Alle Forschungsergebnisse des European XFEL in Schenefeld.
  • Die Realisierung von FAIR in Darmstadt

 

Was möchten Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs mitgeben?

Ich möchte dem wissenschaftlichem Nachwuchs die Freude an den vielen Entdeckungsmöglichkeiten mitgeben, die sich heute mit der großartigen Forschungsinfrastruktur eröffnen, zu denen unsere Forscherinnen und Forscher in Deutschland und Europa Zugang haben.