Julian Voss-Andreae
"Am meisten fasziniert mich, was uns die Quantenphysik über uns, unsere Welt und unsere Erfahrung von ‚Realität‘ lehrt."
Julian Voss-Andreae ist nach seinem Physik-Studium mit Schwerpunkt Quantenphysik Bildhauer geworden. Seine Arbeiten, meist Plastiken, suchen den Blick auf den Menschen durch die Brille der Wissenschaften – insbesondere der Quantenphysik. Das ermöglicht ihm einen revolutionär neuen Zugang zu dieser uralten Kunstform. Ganz besonders berühmt sind seine Skulpturen, die aus bestimmten Richtungen in vollem Volumen erscheinen, in anderen hingegen nahezu verschwinden.
Wenn ich nicht Physiker geworden wäre ...
... hätte ich wohl eine Kette von Burritoständen aufgemacht.
Welches ist der schönste Konferenz-Ort, den Sie kennen?
Der Ort, an dem man nette Menschen kennenlernt – in meinem Fall Cortona (Italien), wo ich meine Frau kennengelernt habe.
Welchen Bezug haben Sie zur DPG?
Als ich Physikstudent war - und einige Jahre danach - war ich DPG-Mitglied. Ich habe die Veranstaltungen z.B. im damals neuen Magnus Haus in Berlin genossen. Ein Artikel in den Physikalischen Blättern (über Proteine) hat meine erste Serie von Skulpturen inspiriert und ermöglicht. Die DPG hat meine Laufbahn damit maßgeblich geprägt.
Wie stellen Sie sich die DPG in Zukunft bzw. an ihrem 200. Jubiläum im Jahr 2045 vor?
Mein Traum ist, dass Physiker die Politik von einer grundsätzlichen Ebene aus beeinflussen, strukturieren – damit meine ich, dass wir unsere Kultur der Teilung von Prämisse und Logik einbringen (und allgemein Lösung schwieriger Probleme durch Unterteilung in Subprobleme, die lösbar sind). Wenn Physiker das in der Gesellschaft verankern, wird es möglich, leidenschaftslos die optimalen Entscheidungen zu treffen, nachdem wir uns als Gesellschaft auf die wünschenswerten Prämissen geeinigt haben.
Welche Aufgaben hat eine europäisch gedachte Physik?
Sie kann helfen, Europa als (kulturelles, politisches, etc.) Gegengewicht zu anderen Machtzentren USA/UK und China, Indien, etc. auszubauen.
Mit welchem Thema beschäftigt(e) sich Ihre Abschlussarbeit?
Moleküloptik von Carbon-60: Buckybälle interferieren mit sich selbst am Doppelspalt. Die Arbeit ermöglicht das Ausloten des Übergangs von klassischer Physik zur Quantenphysik, Dekohärenz.
Woran arbeiten Sie heute?
Ich designe und erschaffe mit meinem Team Skulpturen, die oft mit unserem Körper, mit unserem Erleben der Welt, insbesondere durch die Brille der Wissenschaft, zu tun haben.
Was möchten Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs mitgeben?
Insbesondere dem deutschen Nachwuchs möchte ich sagen: Ich hoffe, ihr wisst, wie gut ihr es habt: Ihr bekommt die beste Physikschulung, ohne idiotische Tests. Sie ist im Gegenteil darauf ausgerichtet, dass ihr lernt, selber herauszufinden wie es geht. Und ihr bekommt das alles im Wesentlichen umsonst - paradiesische Zustände!