Ulrike Böhm

"Ich würde mir wünschen, dass wir Physikerinnen und Physiker bzw. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler besser in der Lage wären, die Bedeutung eines offenen und unvoreingenommenen Miteinanderns verstärkt auch in unserer Gesellschaft betonen und verankern zu können."

Ulrike Böhm ist Physikerin am Advanced Imaging Center an HHMI’s Janelia Research Campus in den USA und ist seit vielen Jahren im DPG-Arbeitskreis Chancengleichheit aktiv (DPG-Mitglied seit 2004). Mit ihren Projekten "Physikerin der Woche" und dem "Women in Research" Blog und Plattformen macht seit mehreren Jahren auf viele inspirierende Wissenschaftlerinnen weltweit aufmerksam. Obwohl sie momentan eine Forschungsstelle in den USA hat, engagiert sie sich seit Jahren mit viel Herzblut in der DPG.

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Was bewegt Sie neben Physik und Arbeit?

Neben der Physik und der Arbeit, engagiere ich mich in zahlreichen internationalen Open Science Initiativen (u.a. als eLife Ambassador), die v.a. das Ziel verfolgen, wissenschaftliche Erkenntnisse, Software und Methoden sowie Daten schneller und uneingeschraenkt der wissenschaftlichen Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen, da für mich eine Wissenschaftlerin oder ein Wissenschaftler nicht nur zum reinen Erkenntnisgewinn beitragen sollte, sondern auch eine Vorantwortung dafür trägt, wie unsere wissenschaftlichen Strukturen ausgelegt sind, damit Wissenschaft bestmöglich durchgeführt werden kann. Zudem schreibe ich regelmäßig über wissenschaftsrelevante Themen und Frauen in der Forschung für den Blog der Tagung der Nobelpreisträger in Lindau.

 

Welchen Bezug haben Sie zur DPG?

Die DPG begleitet meinen Alltag schon seit meinem Abitur am Friderico Francisceum in Bad Doberan in Mecklenburg-Vorpommern. Für meine Physikleistungen hatte ich damals eine einjährige kostenlose DPG-Mitgliedschaft erhalten und bin der DPG seitdem treu.

Später habe ich während meines Grundstudiums an der TU München bei einer DPG-Frühjahrstagung in München Hörsaalaufsichten mit Kommilitonen durchgeführt. Für mich als Physikstudentin war diese Frühjahrstagung meine erste Fachkonferenz und ich war sehr beeindruckt vom Programm und Ablauf der Veranstaltung. Ich kann jeder Studentin und jedem Studenten nur sehr empfehlen, sich als Freiwillige(r) an Frühjahrstagungen zu beteiligen.

Verstärkt engagiere ich mich jedoch erst seit der Deutschen Physikerinnentagung 2015 in Göttingen für die DPG. Zu dieser Tagung wurde ich (nun Doktorandin am Max Planck Institut für Biophykalische Chemie) als Referentin eingeladen, um im „International Year of Light“ über hochauflösende Mikroskopie, den Forschungsbereich meines damaligen Doktorvaters Prof. Stefan Hell, zu berichten.
Mir hat die Deutsche Physikerinnentagung damals sehr gefallen, da nicht nur verschiedenste fachliche Themen angesprochen wurden, sondern auch ein unbefangener Austausch von Physikerinnen aller Karrierestufen ermöglicht wurde. Nach der Veranstalltung war für mich klar, dass ich mich stärker für diese und ähnliche Initiativen in der DPG einbringen wollte und ließ mich ein Jahr später in den Arbeitskreis Chancengleichheit (AKC) wählen. Im AKC leite ich zurzeit hauptsächlich Projekte, wie Physikerin der Woche, die die Sichtbarkeit und Vernetzung von Physikerinnen stärken sollen.

 

Welche Aufgabe sehen Sie für die Physik in der Gesellschaft von morgen?

Die Arbeit von Physikerinnen und Physikern ist oft sehr international. Forschungsgruppenmitglieder kommen aus den verschiedensten Ländern, arbeiten über Kontinente und Zeitzonen hinweg eng mit anderen Forschungsgruppen in Form von Kollaborationen oder Großprojekten zusammen. Es scheint im wissenschaftlichen System scheinbar keine Grenzen zu geben. Ich würde mir wünschen, dass wir Physikerinnen und Physiker bzw. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler besser in der Lage wären, die Bedeutung eines offenen und unvoreingenommenen Miteinanderns verstärkt auch in unserer Gesellschaft betonen und verankern zu können. Um dies zu realisieren, müssen wir neben unserer Forschung auch offen über den Forschungsbetrieb berichten.

 

Woran arbeiten Sie heute?

Momentan arbeite ich als Wissenschaftlerin im Advanced Imaging Center des Janelia Research Campus in den USA. Hier baue und modifiziere ich moderne vorkommerzielle Lichtmikroskope, unterstütze (inter)nationale Besucherinnen und Besucher bei ihren Messungen an unseren Systemen, gebe Workshops über die Hardware- und Softwareaspekte von optischen System sowie über Bild- und Datenanalysemethoden, entwickele und implementiere Software zur Bild- und Datenanalyse für Anwender aus aller Welt und arbeite an meinen eigenen Forschungsprojekten. Das Beste an meiner Arbeit ist die Vielfalt: Ich baue, berate, unterrichte, programmiere und forsche - Für mich ist es der perfekte Mix.

 

Was möchten Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs mitgeben?

Harte Arbeit zahlt sich aus, aber man darf seine physische und mentale Gesundheit nicht vernachlässigen. Um Berge in der Physik versetzen zu können und die nächste Marie Skłodowska Curie oder der nächste Einstein zu werden, baucht es gute Ernährung und regelmässige Bewegung und vor allem ausreichend Schlaf.

 

Bild: Eric Wait