Jahresbericht 1981

Berichtszeitraum: 1. April 1981 bis 31. März 1982

Präsident

Für das interne Leben der DPG brachte das vergangene Jahr vor allem den Abschluß der Erprobungsphase für die neue Form der Physikertagung und den letzten Schritt zum Einstieg in einen neuen Weg bei der Meinungsbildung und Entscheidungstindung innerhalb unserer Gesellschaft.

Mit der Münsteraner Physikertagung (29. 3.-2. 4. 1982) wurde die erste Dreierrunde von Physikertagungen abgeschlossen, in der verschiedene Gruppen von Fachausschüssen die Grundlage für unsere Haupttagung bildeten. Als letzte große Gruppe waren in Münster die Festkörperphysiker die Träger der Tagung. Unter der Leitung _des Vorsitzenden des Arbeitskreises Festkörperphysik, J. Treusch, und des örtlichen Tagungsleiters, W. Große-Nobis, wurde mit organisatorischer Perfektion ein Programm durchgeführt, das einen eindrucksvollen Eindruck der Physik in Deutschland gab. Der scheidende Präsident kann feststellen, daß mit Münster eine wichtige Erprobungszeit abgeschlossen wurde und die Weichen für die Zukunft klar gestellt  sind. Dies gilt auch für den Einstieg in eine neue Art, endgültige Entscheidungen und Wahlen in der DPG durchzuführen. Die briefliche Abstimmung über den Satzungsentwurf des Vorstandes ergab im Sommer 1981 eine eindeutige Mehrheit für die neuen Regeln. Darüber hinaus zeigten die Diskussionen auf der Mitgliederversammlung in Münster und die dort gefaßten eindeutigen Beschlüsse, daß die Idee, den Vorstandsrat zum letzten Beschlußorgan der DPG auszugestalten, auch in kontroversen Auseinandersetzungen Bestand hat. Die Mitgliederversammlung setzte zudem ein klares Zeichen dafür, daß die Physikalischen Blätter als Organ der DPG ernst genommen und als solches in die Verantwortung unserer Gesellschaft gestellt werden müssen.

Wieder stellte der Tag der DPG, der vom 2.-3. 10. 1981 im Physikzentrum in Bad Honnef stattfand, ein wichtiges Komplement zur Physikertagung dar. Zum zweiten Mal wurde neben den Geschäftssitzungen von Vorstand, Vorstandsrat und vielen Komitees und Beschlußgremien der DPG eine gemeinsame Diskussionsveranstaltung durchgeführt, auf der mehr als hundert Physiker über das Thema "Das Verhältnis der heutigen Gesellschaft zur Naturwissenschaft und Technik" diskutierten. Die dort gehaltenen Referate sind vollständig im März- und April-Heft 1982 der Physikalischen Blätter publiziert worden. Im Herbst 1981 fand die zweite DPG-Schule für Physik (7. 9.-18. 9. 1981) statt, die wiederum unter der Leitung von Herrn G. Eilenberger, Jülich, stand und mit dem Thema "Kollektive Phänomene in der Physik" übergreifende Zusammenhänge der theoretischen Physik ansprach. Thema und Durchführung der Schule fanden eindeutige Zustimmung der Teilnehmer. Schon auf der Tagung selbst wurde jedoch angeregt, die nächste DPG-Schule in die Verantwortung von Industriephysikern zu stellen, um auch einen anderen Kreis von Mitgliedern anzusprechen. Unter den übrigen Tätigkeiten des Präsidenten sei wiederum der Arbeitskreis Energie genannt, der sich nach längerer Pause am 21.-22. 1. 1982 traf. Als wichtige Anregung aus seinem Kreise wurde der Vorschlag, auf der Regensburger Physikertagung 1983 erstmalig eine spezielle Fachsitzung für "Hardware"-Energieprobleme einzurichten, an den Vorstandsrat weitergeleitet. Dieser hat inzwischen den Vorschlag nachdrücklich begrüßt. Mitglieder des Arbeitskreises werden die Vorbereitungsarbeiten tragen. Wieder mußte sich der Präsident in Angelegenheiten bedrängter sowjetischer Physiker an deutsche und sowjetische Behörden wenden. In der kritischen Phase des Hungerstreiks von A. W. Sacharow sandte er am 4. 12. 1981 ein Telex an den Bundeskanzler und den Präsidenten der Moskauer Akademie der Wissenschaften. Schon vorher setzte er sich beim Präsidenten der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften für die Normalisierung der Arbeits- und Lebensmöglichkeiten des ukrainischen Kollegen W. Kislik ein. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß auf Anregung des Präsidenten der Vorstandsrat der Einsetzung einer DPG-Arbeitsgruppe für Menschenrechte zugestimmt hat (siehe Organisationsübersicht 1982/83, Nr. 615 in diesem Heft). Dieser Kreis wird in Zukunft die Aktionen für unsere bedrängten, ausländischen Kollegen vorbereiten und den Präsidenten der DPG in diesen Fragen beraten. In einem ganz anderen Zusammenhang kritisierte der Präsident in Schreiben an den Bundeskanzler und die Bundesminister für Finanzen, Bildung und Wissenschaft und Forschung und Technologie die zeitweilig im Rahmen der Spardiskussion vorgesehene stärkere steuerliche Belastung der wissenschaftlichen Literatur. Im Bereich der Bildungspolitik ist über zwei Aktivitäten zu berichten: Im Frühjahr 1981 wurde der ausführliche Abschlußbericht über den von der DPG initiierten "Studieneingangstest Physik 1978" von A. Reiners-Logothetidou und F. Krause abgeschlossen. Der Präsident nahm an der Pressekonferenz teil, auf der am 28. 6. 1981 Staatssekretär H. Granzow vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft den Bericht endgültig - nach verschiedenen Vorveröffentlichungen - der Öffentlichkeit übergab. Zur Situation der naturwissenschaftlichen Schulbildung richteten am 18. 1. 1982 folgende naturwissenschaftliche Gesellschaften - die Deutsche Mathematiker Vereinigung (DMV), die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh), die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG), der Deutsche Verein zur Förderung des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts (MNU) und der Verband Deutscher Biologen (VDB) - einen, in einer dramatischen Sprache gehaltenen Aufruf "Rettet die mathematisch-naturwissenschaftliche Bildung!" an alle in Schule, Hochschule und Politik Tätigen. Bei der  Formulierung und Veröffentlichung dieses Aufrufs war die DPG an maßgebender Stelle beteiligt. Mit der Münsteraner Physikertagung schieden F. Schneider, Frankfurt, und H. Walther, München, aus dem Vorstand aus.
Die DPG ist beiden Herren für ihren unermüdlichen Einsatz für unsere Gesellschaft sehr dankbar. Als ihre Nachfolger wählte der Vorstandsrat in Münster die Herren J. Geiger, Kaiserslautern, für den Bereich "Berufs- und Standesfragen" bzw. R. Gremmelmaier, Erlangen, für den Bereich "Wissenschaftliche Programme, Preise". Mit Ablauf des Jahres 1981 schied Herr W. Hanle, Gießen, aus dem Kreis der Herausgeber der Physikalischen Blätter aus. Herr Hanle hat sich zwei Jahrzehnte lang um die Behandlung der historischen Aspekte in den Physikalischen Blättern mit großem Einsatz erfolgreich bemüht. Zu seinem Nachfolger wählte der Vorstandsrat in Münster Herrn W. Walcher, Marburg. Vom 1. 1. 1982 an ist die Redaktion der Physikalischen Blätter in neue Hände übergegangen. Herr E. Dreisigacker wird die Redaktionsarbeit von Weinheim aus ausüben. Schließlich muß ein Jubiläum angemerkt werden: Herr H. Heinicke leitete zum 1. 3. 1982 unsere Geschäftsstelle 10 Jahre. In dieser Zeit ist sie zu einem Zentrum für das Leben der DPG geworden.

Als scheidender Präsident ist es mir ein großes Anliegen, allen Kollegen, die mich auch im zweiten Jahr meiner Amtszeit so selbstlos und tatkräftig bei meiner nicht immer leichten Arbeit unterstützt haben, nochmals ganz herzlich zu danken.

Prof. Dr. H. Rollnik
Präsident

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