Das Bild eines Atoms in der Experimentalphysik - interpretiert von Gerhard Richter

Wissenschaftlicher Abendvortrag

Vortrag
Datum:
Di, 01.10.2019 18:30  –   Di, 01.10.2019 19:30
Sprecher:
Prof. Dr. Franz J. Gießibl, Universität Regensburg, Institut für Experimentelle und Angewandte Physik
Adresse:
Magnus-Haus Berlin
Am Kupfergraben 7, 10117 Berlin, Germany

 
Anmeldung erforderlich
Sprache:
Deutsch
Kontaktperson:
Andreas Böttcher,

Beschreibung

Franz J. Gießibl (*1962) studierte Physik an der TU München und der ETH Zürich. Er schloss das Studium 1988 als Diplomphysiker an der TUM ab und wurde anschließend bei Nobelpreisträger Gerd Binnig bei IBM Research/LMU München über die Rasterkraftmikroskopie promoviert. Nach der Promotion 1992 wechselte er in ein Startup-Unternehmen ins Silicon Valley, wo er ein Rasterkraftmikroskop für den Betrieb im Ultrahochvakuum entwickelte. In den Jahren 1995 und 1996 arbeitete er bei McKinsey&Company als Unternehmensberater, hauptsächlich in der Elektronik-, Assembly- und Telekommunikationsindustrie. In dieser Zeit erfand er in seinem Heimlabor den qPlus Sensor, ein neues wichtiges Bauteil eines Kraftmikroskops. Ab Ende 1996 war er an der Universität Augsburg, wo er 2001 habilitiert wurde. Seit 2006 hat er einen Lehrstuhl für Experimentelle Physik an der Universität Regensburg inne.

Am 30. Dezember 1999 zeigte sich auf dem Computerschirm meines Rasterkraftmikroskops ein merkwürdiges Bild. Auf dem Schirm baute sich Zeile für Zeile das Abbild einer Siliziumoberfläche auf, erzeugt von einem neuartigen Rasterkraftmikroskop, welches noch kleinere Details als seine Vorgänger abbilden konnte. Das überraschende an den neuen Daten war, dass die Oberflächenatome nicht mehr verwaschenen Kugeln entsprachen, sondern als deutliche Doppelhöcker erschienen. Die neuen Bilder waren eine kleine Sensation - erstmals konnten Strukturen innerhalb eines Atoms „sichtbar“ gemacht werden. Der Fachartikel erschien im Juli 2000, und im gleichen Monat berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung über das Ergebnis. Der FAZ Artikel mit der Überschrift „Erster Blick in das Innere eines Atoms“ faszinierte Gerhard Richter, einen der bedeutendsten bildenden Künstler der Gegenwart. Richter schuf eine leicht vergrößerte Version mit dem Titel „Erster Blick“ (CR112, 2000) und er hat sich im Detail dafür interessiert, wie Physiker solche Bilder einzelner Atome erzeugen. In der Folge ergab sich eine spannende Beziehung mit weiteren Projekten (z.B. Graphit 2005) welche sich bis in die Gegenwart erstrecken. Im Vortrag wird anschaulich erklärt, wie Bilder einzelner Atome entstehen und was wir daraus über Natur und Technik lernen können. Die technischen Ausführungen werden ergänzt von Betrachtungen über die allgemeine Natur eines Bildes und mögliche Verbindungen zwischen Wissenschaft und Kunst.

Diskussionsleitung: Prof. Dr. Wolfgang Eberhardt, Wiss. Leiter Magnus-Haus Berlin

Diese Veranstaltung wird gefördert durch die Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung.