Pressemitteilung
der Deutschen Physikalischen Gesellschaft
Leistungsfähige Transformatoren aus nanokristallinen Werkstoffen
Die magnetischen Kerne in einem Transformator bestehen aus weichmagnetischen Werkstoffen. Diese zeichnen sich dadurch aus, daß beim Umklappen der Magnetisierungsrichtung nur geringe Leistungsverluste auftreten. 1987 entdeckten japanische Wissenschaftler eine neue Klasse weichmagnetischer Werkstoffe, die von winzigen magnetischen Körnern mit einem Durchmesser von nur wenigen millionstel Millimetern (Nanometern) durchsetzt sind. Diese nanokristallinen Weichmagnete haben beispielsweise in der Bahntechnik die bisher üblichen weichmagnetischen Materialien ersetzt und zu einer Vielfalt neuer Anwendungen geführt. Über den Stand der Entwicklung berichtet Dr. Rainer Hilzinger von der Firma Vacuumschmelze in Hanau auf der Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft vom 22. bis 26. März in Münster. Die Vacuumschmelze gehört heute zu den weltweit führenden Herstellern für weichmagnetische nanokristalline Werkstoffe.
Je weiter Forscher die Abmessungen ihrer Bauteile verkleinern, desto mehr Überraschungen erleben sie. Kleinste magnetische Körnchen mit einem Durchmesser von zehn Mikrometern bis herunter zu einem Mikrometer sind beispielsweise "härtere" Magnete als ein kompakter Block aus dem gleichen Material. Das heißt, sie sind wesentlich schwerer umzumagnetisieren. Dieser Effekt läßt aber wieder nach, wenn man zu noch kleineren Teilchengrößen übergeht. Bei Durchmessern von wenigen Nanometern wird es immer leichter, die Richtung der Magnetisierung umzukehren. Darüber hinaus erweist sich das Material als äußerst unempfindlich gegenüber mechanischer Beanspruchung. Diese beiden großen Vorteile machen sich die Forscher in Hanau beim Bau leistungsfähiger Mittelfrequenz-Transformatoren zunutze.
Hergestellt wird der Werkstoff als metallisches Band. Es entsteht, indem eine 1200 Grad heiße Metallschmelze auf Eisenbasis (mit Zusätzen vom Silizium, Bor, Niob und Kupfer) durch eine enge Keramikdüse auf eine kalte, rotierende Walze gespritzt wird. Durch die rasche Erstarrung der Schmelze bildet sich ein amorphes Material, das im Gegensatz zu einem Kristall keine bevorzugten Raumrichtungen für die Magnetisierung aufweist. Diese Tatsache trägt ebenfalls dazu bei, daß das Material sich leicht ummagnetisieren läßt. Durch eine anschließende Wärmebehandlung bilden sich 10 bis 20 Nanomter kleine magnetische Kristalle, die in die übrige amorphe Struktur eingebettet sind.
Gegenüber herkömmlichen weichmagnetischen Werkstoffen besitzen die nanokristallinen Materialien den Vorteil, daß sie sich aufgrund der niedrigen Leistungsverluste nur geringfügig erwärmen. So läßt sich die Masse eines Transformators von ursprünglich 10 bis 15 Kilogramm pro Kilowatt Leistung auf weniger als 500 Gramm pro Kilowatt reduzieren. Leistungstransformatoren lassen sich so wesentlich leichter und kleiner konstruieren. Sie besitzen etwa die Höhe einer Getränkedose und etwas mehr als das Doppelte ihres Durchmessers.
Eines der hauptsächlichen Einsatzgebiete für solche Transformatoren ist die Stromversorgung für Eisenbahnen. Hier kommt den nanokristallinen Werkstoffen außerdem zugute, daß sie gegenüber ständigen Erschütterungen, Vibrationen und Temperaturschwankungen vergleichsweise unempfindlich sind. Weitere Anwendungsmöglichkeiten sehen die Hersteller in Bordnetzversorgungen für Schiffe, Trolley-Bussen und Elektroautomobilen sowie in der Schweißtechnik und Galvanik. Auch für Radio- und Fernsehsender könnten die leistungsfähigen Transformatoren von Nutzen sein, ebenso wie in den Spulstationen der Textilindustrie, in großen Druckmaschinen oder Windkraftanlagen.
Weitere Informationen:
Matthias Marquardt
Vacuumschmelze GmbH Hanau
Tel.: 06181 38-2629
Fax.: 06181 38-82629
E-Mail:
Prof. Dr. Klaus Wandelt
Institut für Physikalische Chemie
Universität Bonn
Tel.: 0228 732253
Fax.: 0228 732515
E-Mail:
Die Deutsche Physikalische Gesellschaft e. V. (DPG), deren Tradition bis in das Jahr 1845 zurückreicht, ist die älteste nationale und mit über 62.000 Mitgliedern auch größte physikalische Fachgesellschaft der Welt. Als gemeinnütziger Verein verfolgt sie keine wirtschaftlichen Interessen. Die DPG fördert mit Tagungen, Veranstaltungen und Publikationen den Wissenstransfer innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft und möchte allen Neugierigen ein Fenster zur Physik öffnen. Besondere Schwerpunkte sind die Förderung des naturwissenschaftlichen Nachwuchses und der Chancengleichheit. Sitz der DPG ist Bad Honnef am Rhein. Hauptstadtrepräsentanz ist das Magnus-Haus Berlin. Website: www.dpg-physik.de