Pressemitteilung
der Deutschen Physikalischen Gesellschaft
Neue Erkenntnisse über Biomoleküle und Materialoberflächen
Im Grenzbereich zwischen Physik, Chemie und Biologie bewegen sich jene Wissenschaftler, die sich vom 13. bis 16. März zur Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) an der Universität Potsdam treffen. Schwerpunktthemen sind Materialoberflächen mit besonderem chemischen und physikalischen Charakter sowie Studien einzelner Biomoleküle. Am Kongress der beiden Fachverbände Chemische Physik und Polymerphysik werden voraussichtlich 400 Forscher teilnehmen. Den Eröffnungsvortrag hält Steven Chu. Der US-Amerikaner wurde 1997 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.
Biomoleküle sind Bausteine und Vermittler des Lebens: Mikroskopisch kleine Enzyme steuern die Stoffwechselvorgänge in unserem Körper, der Konstruktionsplan aller Organismen ist in der fadenförmigen DNS verschlüsselt. Abwehrzellen gehen auf Patrouille, ausgerüstet mit molekularen Angelruten - mit ihrer Hilfe fischen sie Fremdstoffe aus der Blutbahn und setzen die Immunreaktion in Gang. Dank ausgefeilter Messmethoden ist es möglich, solche molekularen Vorgänge unter die Lupe zu nehmen. Mit einem Leuchtstoff markiert, lassen sich individuelle Proteine auf ihrem Wanderweg durch die Zelle verfolgen. Die winzigen Kräfte, die ein einzelnes Paar aus Antikörper und Antigen zusammenhalten, sind direkt messbar geworden - man spricht hier von Kraftspektroskopie. In einer Art molekularem Tauziehen können sogar einzelne Polymere gestreckt und so ihre mechanischen Eigenschaften untersucht werden. Die Elastizität von Biomolekülen spielt in der Natur eine wichtige Rolle: Man denke nur an die Proteine der Muskelfasern oder an die Erbsubstanz DNS. In die Länge gezogen, wäre die DNS des Menschen circa ein Meter lang. Im Zellkern jedoch ist dieses riesige Biopolymer komplex gefaltet, dadurch lässt es sich platzsparend unterbringen.
Im Blickpunkt der Tagung stehen auch die elektronischen und photochemischen Eigenschaften von Molekülen. So wandeln Pflanzen und manche Bakterien das Sonnenlicht viel effizienter in nutzbare Energie um, als dies mit einer Solarzelle möglich ist. Die Natur hat sie hierfür mit so genannten Antennenkomplexen ausgestattet - besonderen Molekülaggregaten, die das Licht sammeln und diese Energie rasch an das eigentliche Reaktionszentrum der Photosynthese weiterleiten. Über den genauen Mechanismus der Energieübertragung wird bis heute kontrovers diskutiert.
Weitere Beiträge widmen sich Kolloiden - so bezeichnet man winzig kleine Partikel, die in einer Flüssigkeit gelöst sind - und den Eigenschaften von Grenzflächen. Egal ob biologische Zelle, Klebestreifen oder medizinisches Implantat - alle Körper treten über ihre Grenzfläche in Kontakt mit der Umgebung. In jüngster Zeit versucht man, Materialoberflächen mit speziellen Eigenschaften herzustellen, indem man sie auf mikroskopischer Skala strukturiert. Neueste Forschungsergebnisse aus dem Bereich solcher funktionalisierter Grenzflächen werden in Potsdam vorgestellt. In Hinblick auf Biosensoren oder den Transport von Wirkstoffen verfügen funktionalisierte Grenzschichten und Kolloide über ein großes Potenzial für technische Anwendungen.
Im Rahmen der Tagung findet am Dienstag, den 14. März, um 20:00 Uhr, in der Nikolaikirche (Am Alten Markt) ein öffentlicher Abendvortrag statt. Im Mittelpunkt stehen hier nicht mikroskopische, sondern erdumspannende Phänomene. Unter dem Titel "Erdsystemanalyse: Der Weg zur 2. Kopernikanischen Wende" wird Prof. Dr. Hans-Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung darstellen, wie sich unsere Erde als komplexes Gesamtsystem von Mensch und Natur beschreiben lässt.
Journalisten sind herzlich eingeladen zu einem Pressegespräch,
am Montag, den 13. März, um 10:15 Uhr in der
Universität Potsdam
Haus 8, Raum 0.75 (gegenüber der Cafeteria)
Am Neuen Palais 10
14469 Potsdam
Die Deutsche Physikalische Gesellschaft e. V. (DPG), deren Tradition bis in das Jahr 1845 zurückreicht, ist die älteste nationale und mit über 62.000 Mitgliedern auch größte physikalische Fachgesellschaft der Welt. Als gemeinnütziger Verein verfolgt sie keine wirtschaftlichen Interessen. Die DPG fördert mit Tagungen, Veranstaltungen und Publikationen den Wissenstransfer innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft und möchte allen Neugierigen ein Fenster zur Physik öffnen. Besondere Schwerpunkte sind die Förderung des naturwissenschaftlichen Nachwuchses und der Chancengleichheit. Sitz der DPG ist Bad Honnef am Rhein. Hauptstadtrepräsentanz ist das Magnus-Haus Berlin. Website: www.dpg-physik.de