17.03.2000

Pressemitteilung

der Deutschen Physikalischen Gesellschaft

Dialog von Licht und Materie: Arbeitskreis Atome, Moleküle, Quantenoptik und Plasmen tagt in Bonn

Über 1000 Wissenschaftler, darunter Gäste aus dem europäischen Ausland und den USA, treffen sich vom 3. bis 7. April an der Universität Bonn zur Frühjahrstagung des Arbeitskreises Atome, Moleküle, Quantenoptik und Plasmen der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG). Der Name des Fachgremiums ist Programm: Im Blickfeld der Forscher stehen aktuelle Erkenntnisse über die Wechselwirkung von Licht mit Materie sowie aus der Welt der Quanten, Atome und Moleküle. Im Rahmen des Öffentlichkeitstags am 5. April können sich Besucher über das "Jahr der Physik" informieren, außerdem findet ein Abendvortrag statt.

Die etwa 1100 Tagungsbeiträge decken von der Biophysik bis zur Altersdatierung mit Hilfe von Radioisotopen ein weites Spektrum an Themen ab. So wird Jochen Schneider vom Hamburger Forschungslabor DESY neueste Fortschritte bei der Entwicklung eines Röntgenlasers vorstellen. Eine solche Lichtquelle verspricht ganz neue Einblicke in biologische Zellen, Moleküle und Werkstoffe. Das große und ehrgeizige DESY Projekt hat gerade in diesen Tagen erste, weltweit beachtete Ergebnisse geliefert

Ein Höhepunkt der Tagung ist der Vortrag von Wolfgang Ketterle, der über Experimente mit extrem kalten Atomen berichten wird. Ketterle gehört zu den Pionieren auf dem Gebiet der "Bose-Einstein-Kondensation", ein exotischer Zustand der Materie, der nur in der Nähe des absoluten Nullpunkts (minus 273,15 Grad Celsius) existiert. Bei diesen niedrigen Temperaturen kommen verblüffende Effekte der Quantenmechanik zum Vorschein - Atome verhalten sich wie Wellen. Dieses Phänomen nutzten Ketterle und andere Wissenschaftler bereits aus, um einen "Atomlaser" zu realisieren, der nicht Licht- sondern Materiewellen abstrahlt. In Zukunft könnte es möglich sein, mit solch feinen Atomstrahlen Werkstoffe zu strukturieren - präziser, als es etwa mit Laserlicht möglich ist. Am anderen Ende der Temperaturskala ist dagegen die Plasmaphysik angesiedelt. In den Vorträgen dieses Fachgebietes geht es etwa um das Innenleben der Sonne oder die technische Kernfusion.

Besondere Schwerpunkte haben die Organisatoren durch eine Reihe von Symposien gesetzt, in denen es beispielsweise um Phänomene bei extrem hoher Lichtintensität ("Nichtlineare Optik") oder um besondere Molekülklassen wie Cluster und Fullerene geht. Diese synthetischen Moleküle aus einigen wenigen bis zu mehreren tausend Atomen zeigen besondere chemische und physikalische Eigenschaften.

Ein Thema aus der angewandten Forschung ist die Tumortherapie mit schweren Ionen, die zur Zeit bei der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) erprobt wird. Weitere Tagungsbeiträge setzen sich mit den unterschiedlichsten Verwendungsmöglichkeiten des Lasers auseinander: Sei es die Bearbeitung von Werkstücken ("Rapid Prototyping"), der Einsatz in der Medizin oder die Manipulation mikrobiologischer Objekte. So lassen sich Zellen und große Moleküle im Klammergriff von gebündeltem Licht berührungslos - ohne die Gefahr einer Verunreinigung - gezielt bewegen. "Optische Pinzetten": Das ist eines der Themen, die im Symposium "Angewandte Optik" behandelt werden

Speziell auf die Öffentlichkeit sind am 5. April folgende Programmpunkte zugeschnitten:

Zunächst stellt sich ab 11:30 Uhr die Wissenschaftsregion Bonn im Festsaal der Universität vor - darunter die Fachgruppe Physik-Astronomie der Universität, die ihre Forschungsschwerpunkte auf Posterwänden präsentieren wird. Weitere Aussteller sind die Stiftung CAESAR (Center of Advanced European Studies and Research), die Strukturfördergesellschaft sowie das "TechnologieTransfer- und Innovationszentrum Region Bonn". Außerdem berichten Existenzgründer über ihre Projekte. Die Vorträge stehen unter dem Motto "Unternehmensgründung aus der Wissenschaft - Ja/Nein?".

Die DPG und das Bundesministerium für Bildung und Forschung haben zu Jahresbeginn die Initiative "2000 - Das Jahr der Physik" gestartet. Den Schwerpunkt bilden fünf große Veranstaltungen in Berlin und Bonn, auf denen renommierte Wissenschaftler aktuelle Forschungsergebnisse publikumsnah präsentieren. Über diese Aktivitäten können sich Besucher der Frühjahrstagung um 19:00 Uhr im Hörsaal IV (neben dem Festsaal) informieren.

Den Schlusspunkt des Tages setzt ein öffentlicher Abendvortrag im Hörsaal X (Hauptgebäude der Universität, Am Hofgarten). Dabei begibt sich Prof. Dr. Antoine Weis in ein Spiegelkabinett besonderer Art: Er wird zeigen, wie es möglich ist, Atomen den Spiegel vorzuhalten und ihnen sogar vorzutäuschen, die Zeit würde rückwärts laufen. Mit solchen Experimenten lassen sich fundamentale Naturgesetze unter die Lupe nehmen. Der Vortrag "Atome im Spiegel von Raum und Zeit" beginnt um 20:00 Uhr, der Eintritt ist frei.

Die Deutsche Physikalische Gesellschaft e. V. (DPG), deren Tradition bis in das Jahr 1845 zurückreicht, ist die älteste nationale und mit rund 55.000 Mitgliedern auch mitgliederstärkste physikalische Fachgesellschaft der Welt. Als gemeinnütziger Verein verfolgt sie keine wirtschaftlichen Interessen. Die DPG fördert mit Tagungen, Veranstaltungen und Publikationen den Wissenstransfer innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft und möchte allen Neugierigen ein Fenster zur Physik öffnen. Besondere Schwerpunkte sind die Förderung des naturwissenschaftlichen Nachwuchses und der Chancengleichheit. Sitz der DPG ist Bad Honnef am Rhein. Hauptstadtrepräsentanz ist das Magnus-Haus Berlin. Website: www.dpg-physik.de