Pressemitteilung
der Deutschen Physikalischen Gesellschaft
Physik vom Allerkleinsten
Internationale Tagung über Kern- und Teilchenphysik in Münster
Die kleinsten Bausteine der Materie stehen im Mittelpunkt einer Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG), die vom 11. bis 15. März 2002 an der Universität Münster stattfindet. Der Schwerpunkt des Programms liegt auf der Physik der Atomkerne und der "starken Wechselwirkung". Im Quartett der grundlegenden Naturkräfte, zu dem auch die wohl vertraute Schwerkraft zählt, ist die starke Wechselwirkung unter anderem dafür verantwortlich, dass Atomkerne nicht auseinander fallen. Außerdem prägt sie eine Klasse von Elementarteilchen, die als "Hadronen" bezeichnet werden. Mitglieder der Hadronen-Familie sind beispielsweise die Kernbausteine sowie deren Komponenten - die so genannten Quarks. Zu diesem Kongress, an dem auch Fachgesellschaften aus Belgien und den Niederlanden teilnehmen, werden rund 500 Forscherinnen und Forscher erwartet. Unter den Gästen ist der Holländer Gerard ´t Hooft, 1999 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Nicht in die Tiefe der Materie, sondern ins Innere des menschlichen Gehörs führt am 12. März ein öffentlicher Abendvortrag im Rahmen der Tagung. Seine Themen: Intelligente Hörgeräte und die Physik im Ohr.
In der Natur trifft man oft auf Symmetrien, so etwa verhalten sich linke und rechte Hand (fast) wie Bild und Spiegelbild. Symmetrische Formen gelten als ästhetisch. Symmetrien spielen aber nicht nur in der Kunst, sondern auch in der Mikrowelt eine zentrale Rolle. Bis Mitte des letzten Jahrhunderts ging man davon aus, dass sich grundlegende physikalische Prozesse nicht ändern, werden sie spiegelverkehrt betrachtet und alle beteiligten Teilchen durch deren Antiteilchen ersetzt. Man glaubte, die so genannte CP-Symmetrie sei erhalten. Tatsächlich jedoch werden diese Spielregeln nicht immer befolgt. Und so ist es wohl einer bestimmten Eigenart von Materie und Antimaterie zuzuschreiben, dass das Universum nach dem Urknall nicht wieder in einem Feuerball verging. Ohne CP-Verletzung, so scheint es, würden wir nicht existieren. Im kalifornischen Stanford läuft eine Studie, die die CP-Verletzung anhand eines besonderen, künstlich erzeugten Zwillingspaares aus Teilchen und Antiteilchen unter die Lupe nimmt. Der erste Meilenstein beim so genannten BaBar-Experiment wurde im Sommer 2001 erreicht: Es gelang erstmals, CP-Verletzung bei jenen Mitgliedern der Hadronen-Familie nachzuweisen, die als B-Mesonen bekannt sind. Damit wurde der Weg frei für weitere Messungen, die über das genaue Wesen der CP-Verletzung Aufschluss geben sollen. Was ist mit all der Antimaterie geschehen, die beim Urknall entstanden ist? Vom Stand der Forschung wird in Münster berichtet.
In den Nachwehen seiner Geburt durchdrang das Universum ein exotischer Materiezustand: das "Quark-Gluon-Plasma". Heute fristen Quarks ihr Dasein verborgen in Hadronen, insbesondere im Innern der Kernbausteine: Dort eingesperrt werden sie von "Gluonen", den Überträgern der starken Wechselwirkung. Einst konnten sich Quarks in der heißen Ursuppe des Quark-Gluon-Plasmas frei bewegen. Mit Teilchenbeschleunigern ist es möglich, diesen Zustand für Sekundenbruchteile annähernd nachzubilden. Zu diesem Thema werden aktuelle Ergebnisse des RHIC-Beschleunigers vorgestellt. An den Experimenten sind auch deutsche Wissenschaftler beteiligt.
Mit den Sternenleichen des Alls verbindet uns eine kosmische Erbschaft: Nahezu alle chemischen Elemente, die auf der Erde vorkommen, wurden einst in den Sternenküchen des Universums zusammengebraut. Brutstätte der Elemente sind die Kernreaktoren im Inneren der Sterne. Den Kohlenstoff in unserer Zellstruktur schleuderte vermutlich vor Milliarden Jahren eine Sternen-Explosion (Supernova) ins All - lange bevor das Sonnensystem aus eine interstellaren Gaswolke entstand. Dem Ursprung der Elemente und weiteren Themen aus dem Grenzgebiet zwischen Kern- und Astrophysik ist ein eigener Plenarvortrag gewidmet.
Ferner befasst sich der Kongress mit der kosmischen Strahlung - energiereichen Teilchenschauern, die auf die Erdatmosphäre eintreffen - und Experimenten, die mit der Garchinger Neutronenquelle FRM-II vorgesehen sind. Außerdem wird über den Bau neuer Teilchenbeschleuniger diskutiert.
Anlässlich der Tagung findet ein
Pressegespräch statt, zu dem Journalisten
herzlich eingeladen sind. Der Termin:
Dienstag, 12. März 2002, 11:00 Uhr
Universität Münster
Institutsgruppe I
(Tagungsbüro im Foyer)
Wilhelm-Klemm-Straße 10
Die Deutsche Physikalische Gesellschaft e. V. (DPG), deren Tradition bis in das Jahr 1845 zurückreicht, ist die älteste nationale und mit rund 55.000 Mitgliedern auch mitgliederstärkste physikalische Fachgesellschaft der Welt. Als gemeinnütziger Verein verfolgt sie keine wirtschaftlichen Interessen. Die DPG fördert mit Tagungen, Veranstaltungen und Publikationen den Wissenstransfer innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft und möchte allen Neugierigen ein Fenster zur Physik öffnen. Besondere Schwerpunkte sind die Förderung des naturwissenschaftlichen Nachwuchses und der Chancengleichheit. Sitz der DPG ist Bad Honnef am Rhein. Hauptstadtrepräsentanz ist das Magnus-Haus Berlin. Website: www.dpg-physik.de