Pressemitteilung
der Deutschen Physikalischen Gesellschaft
50 Jahre Russell-Einstein-Manifest
Die DPG erinnert an die Gefahr von Kernwaffen
Bad Honnef, 5. Juli 2005 - Auch ein halbes Jahrhundert nach der Veröffentlichung des "Russell-Einstein-Manifests" bleibt die Forderung des Pazifisten Einstein nach der Ächtung aller Kriege eine Utopie. Während Einstein in diesem Jahr in aller Munde ist, und die Bewunderung seiner Leistungen in der Physik fast grenzenlos erscheint, bleibt seine vielleicht konsequenteste Denkleistung, nämlich, dass Nuklearwaffen für immer das Risiko des Weltunterganges einschließen und deshalb geächtet werden müssen, weitgehend unbeachtet. Die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) schließt sich daher dem weltweiten Appell naturwissenschaftlicher Fachgesellschaften anlässlich des Jubiläums des Russell-Einstein-Manifestes an - und zitiert Joseph Rotblat, den letzten überlebenden Unterzeichner des Manifests: "Um die Zukunft der Menschheit zu sichern, müssen wir nicht nur die Instrumente der Kriegsführung vernichten, sondern den Krieg selbst."
Vor 50 Jahren, am 9. Juli 1955, veröffentlichten der Philosoph Bertrand Russell und der Physiker Albert Einstein ihre berühmte Erklärung, in der sie gemeinsam mit neun weiteren namhaften Wissenschaftlern vor den Gefahren eines Krieges mit Nuklearwaffen warnten und die Regierungen der Welt aufforderten, Wege für eine friedliche Lösung aller ihrer Kontroversen zu finden. Auch wenn das Russell-Einstein-Manifest unter dem Eindruck des Ost-West-Konflikts geschrieben wurde, seine Kernaussagen sind auch heute noch unverändert gültig.
Mit dem Ende des Kalten Krieges und der Aufweichung der ideologischen Fronten ist die Gefahr eines nuklearen Weltbrandes geringer geworden. Dennoch ist die wachsende weltweite Verbreitung der Kernwaffentechnologie in hohem Maße beunruhigend. Der Atomwaffensperrvertrag hat sich - bislang - als eine der erfolgreichsten internationalen Vereinbarungen erwiesen. Doch die klassischen Atommächte bringen dadurch, dass sie selbst ständig gegen den Vertrag verstoßen, die Solidarität der Staaten in Gefahr. Noch immer lagern in Ost und West Tausende nuklearer Sprengköpfe, davon allein 150 Nuklearbomben in Deutschland. Zudem wird die Entwicklung neuer Atomwaffen vorbereitet. Einsteins und Russels Zweifel am Urteilsvermögen der Verantwortlichen in aller Welt gelten deshalb weiterhin: "Die breite Öffentlichkeit, ja sogar viele Personen in verantwortlichen Positionen, haben nicht begriffen, was in einem Krieg mit nuklearen Bomben auf dem Spiele steht."
Russell, Einstein und ihre Kollegen fühlten sich in der Pflicht, vor dem zu warnen, was ihnen aufgrund ihrer Fähigkeit zum wissenschaftlichen, logisch konsequenten Denken unvermeidlich erschien. Die DPG unterstützt daher den Appell der naturwissenschaftlichen Fachgesellschaften in aller Welt zum 50. Jahrestag des Russell-Einstein-Manifestes - mit den Worten zum "Einstein-Jahr 2005" von Joseph Rotblat, des letzten überlebenden Unterzeichners des Manifests: "Um die Zukunft der Menschheit zu sichern, müssen wir nicht nur die Instrumente der Kriegsführung vernichten, sondern den Krieg selbst. So lange der Krieg eine anerkannte gesellschaftliche Einrichtung ist und so lange Konflikte mit militärischen Mitteln gelöst werden, besteht die Gefahr, dass ein Krieg … weltweit eskaliert und Massenvernichtungswaffen zum Einsatz kommen … Eine Welt ohne Krieg ist zu einer äußersten Notwendigkeit geworden. Sie zu erschaffen, muss zu unserem unerschütterlichen Ziel werden."