Pressemitteilung
der Deutschen Physikalischen Gesellschaft
Physik zwischen Quantensprüngen und Klimaprognosen
Jahrestagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft an der Universität Hamburg
Hamburg, 2. März 2009 – An der Universität Hamburg beginnt heute die Jahrestagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG), zu der vom 2. bis 6. März 2009 rund 1.500 Fachleute aus dem In- und Ausland erwartet werden. Quanten- und Atomphysik sind Schwerpunkte des vielseitigen Programms. Auf der Tagesordnung stehen zudem Energie- und Klimaforschung, Rüstungskontrolle sowie der Arbeitsmarkt für Physikerinnen. Vor diesem Hintergrund geht es beispielsweise um Datenverschlüsselung mit Hilfe der Quantenphysik und um die „Achillesfersen“ des Klimas. Thema ist auch die Molekülforschung mit Röntgen- und Laserstrahlen, die am Department Physik der Universität Hamburg intensiv betrieben wird. (Bild: RainerSturm, www.pixelio.de)
In dem über 250 Seiten starken Tagungsband sind rund 1.300 Fachbeiträge gelistet. Hier einige Einblicke:
Verschränkt: Datenströme werden heutzutage immer raffinierter verschlüsselt, um sie vor ungebetenen Zugriffen zu schützen. Die gängigen Verfahren bieten hohen Sicherheitsstandard, sind jedoch im Prinzip „knackbar“. Anders ist der Fall der Quantenverschlüsselung, auch „Quantenkryptographie“ genannt. Diese Methode beruht auf Naturgesetzen und gilt als absolut sicher. Im Experiment schon mehrfach erprobt, ruft sie mittlerweile auch kommerzielle Anbieter auf den Plan. Grundlage der Quantenverschlüsselung ist die „Verschränkung“, ein eigenartiges Phänomen, das Albert Einstein dazu veranlasste, von „spukhafter Fernwirkung“ zu sprechen. Bedeutsam ist die Verschränkung nicht nur für die Datenchiffrierung, sondern auch für so genannte Quantencomputer. Solche Maschinen, die sich allerdings noch im frühen Laborstadium befinden, sollen bestimmte Aufgaben viel schneller bewältigen können als übliche Digitalrechner. In Hamburg werden aktuelle Entwicklungen im Bereich der Quantencomputer und der Quantenverschlüsselung vorgestellt.
Frostig: „Quantengase“ sind ultrakalte Teilchenwölkchen, die im Labor künstlich hergestellt werden. Ihre Bedeutung liegt darin, dass sie ideale Versuchsobjekte sind, von denen sich Fachleute neue Erkenntnisse über Quanteneffekte versprechen. Das gilt insbesondere für die „Supraleitung“: ein Phänomen, das manche Materialien in die Lage versetzt, elektrische Energie völlig verlustfrei zu transportieren. Vor diesem Hintergrund beschäftigen sich diverse Tagungsbeiträge mit den neuesten Untersuchungen von Quantengasen.
Strahlend: Der Einsatz von „Nacktscannern“ zur Personenkontrolle wird kontrovers diskutiert. Die Funktion derlei Geräte beruht auf „Terahertz-Wellen“. Eine Form elektromagnetischer Strahlung, die in Forschung und Technik zunehmend an Bedeutung gewinnt. In Hamburg befassen sich mehrere Tagungsbeiträge mit den Anwendungsmöglichkeiten – wie jenen im Bereich der industriellen Qualitätsprüfung. Diskutiert wird auch über den Einsatz von Röntgen- und Laserstrahlen zur Materialforschung und Werkstoffbehandlung. Außerdem geht es um „Metamaterialien“. Dies sind fein strukturierte Verbundwerkstoffe, die die Gesetze der Optik quasi auf den Kopf stellen: Superlinsen, die kleinste Details sichtbar, und Tarnvorrichtungen, die Objekte wiederum unsichtbar machen, rücken damit von der Science-Fiction allmählich in den Bereich des Machbaren.
Dynamisch: Um die flinken Bewegungen von Atomen und Molekülen untersuchen zu können, bedienen sich „Labor-Paparazzi“ besonderer Schnappschusstechniken: Mit Hilfe ultrakurzer Elektronenpulse oder Laserblitze, die nur Bruchteile einer Milliardstelsekunde andauern, können Wissenschaftler den mikroskopischen Tanz wie mit einem Stroboskop „festhalten“ – und so chemische und biologische Reaktionen verfolgen. Während der Tagung werden neueste Ergebnisse rund um derartige „Zeitlupen-Aufnahmen“ vorgestellt.
Brisant: Physikalische Untersuchungsmethoden sind zentraler Bestand der Abrüstung und Rüstungskontrolle. Die Tagungsbeiträge aus diesem Bereich befassen sich unter anderem mit Satellitenüberwachung, mit den Risiken der Verbreitung von Kerntechnik und mit der Militärforschung an britischen und US-amerikanischen Universitäten.
Energisch: Während der Tagung werden verschiedene Aspekte der Energieforschung und -technik behandelt. Ein Plenarvortrag widmet sich den Perspektiven der europäischen Energieversorgung. Weitere Themen sind solarthermische Kraftwerke und die Windenergie auf hoher See. Außerdem geht es um die CO2-Speicherung im Untergrund, um Entwicklungen im Bereich der Kernenergie und um die Lagerung von Atommüll.
Klimatisch: Klimaforscher vermuten, dass Veränderungen in bestimmten Regionen der Erde das gesamte Gefüge des Weltklimas durcheinander bringen könnten. Zu den „Kippelementen“ werden beispielsweise der Regenwald des Amazonas und der indische Sommermonsun gerechnet. Auch die Eismassen Grönlands zählen dazu, weil deren Abschmelzen zu einem katastrophalen Anstieg des Meeresspiegels führen könnte. Um derlei Überlegungen zur Klimastabilität geht es auch in Hamburg. Andere Tagungsbeiträge aus dem Bereich der Klimaforschung beziehungsweise der Umweltphysik widmen sich dem Wechselspiel zwischen Klima und Ozeanen. Ein weiteres Thema ist die Wolkenforschung. Wolken sind äußert komplexe und insofern schwer berechenbare Gebilde. In den Modellen der Klimawissenschaftler sind sie daher nach wie vor der größte Unsicherheitsfaktor.
Feierlich: Der feierliche Höhepunkt der Tagung findet am 4. März statt: In einer Festsitzung wird die DPG ihre wichtigsten Auszeichnungen überreichen. Robert Graham, Physikprofessor an der Universität Duisburg-Essen, erhält die „Max-Planck-Medaille für Theoretische Physik“ für bedeutende Beiträge zur Quantenphysik und Statistischen Mechanik. Die „Stern-Gerlach-Medaille für Experimentelle Physik“ geht an Prof. Dr. Friedrich Wagner, Kernfusionsforscher am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald. Festredner sind DPG-Präsident Gerd Litfin und der Staatssekretär im Bundesforschungsministerium Frieder Meyer-Krahmer.
Öffentlich: Neben dem umfangreichen Fachprogramm wird es auch einen öffentlichen Abendvortrag geben. Redner ist Helmut Dosch, neuer Direktor des Hamburger Forschungszentrums DESY. Unter dem Titel „Expedition in den Nanokosmos“ spricht er am 4. März im Audimax der Universität Hamburg (20:00 Uhr, Eintritt frei) über die Bedeutung von Großforschungsanlagen für Physik, Biologie und Materialforschung.