In vielen Bereichen greift die Gesellschaft auf die Kenntnisse von Physikerinnen und Physikern zurück, sei es in Schule, Forschung, Wirtschaft oder Politik. Grafik: Physik Journal

Physikalische Bildung: mehr als Fachwissen

Ausgabe 45 | April 2020 | „Physikalische Bildung hilft, sich in der Welt zu orientieren und Fakten von Fake zu unterscheiden.“ Lutz Schröter, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft

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  • Physik gehört zum Bildungskanon an Schulen und Universitäten.
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  • Zahlreiche Bücher und Bildungsprogramme belegen deren Relevanz für Kultur und Gesellschaft.
  • Physik strahlt ebenso auf Kunst, Philosophie und Geschichte aus.

Nahezu alle Phänomene, die uns im Alltag begegnen, beruhen auf physikalischen Gesetzmäßigkeiten. Sie legen nicht nur die Grundlage unserer Zivilisation, sondern prägen ebenso unser Weltbild. Bildung insbesondere physikalische – erlaubt das Verständnis für Zusammenhänge, um die Vielfalt von Natur und Gesellschaft zu einem stimmigen Weltbild zu verbinden: Bildung ist nicht allein Fachwissen. Sie gibt die notwendige Orientierung, um Fakten von Fake zu unterscheiden und legitime Prognosen von esoterischen Heilsversprechen.

Physikalische Bildung trägt wesentlich zur Persönlichkeitsbildung bei. Daher ist es an den meisten Schulen ordentliches Unterrichtsfach und wird an allen Universitäten in Deutschland gelehrt. Die dort vermittelten Erkenntnisse werden benötigt, um die anstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen, sei es in der Technik oder Wirtschaft, bei der Schonung von Ressourcen oder bei der Bewältigung des Klimawandels.

Die Berufsmöglichkeiten von Physikerinnen und Physikern sind weit gefächert: sie reichen vom Lehrberuf über Forschung und Entwicklung bis zu Wirtschaft, Politik oder Journalismus1 . Unternehmen schätzen die Kompetenzen ausgebildeter Physikerinnen oder Physiker; Arbeitslosigkeit ist daher kein Thema.

Physik ist unter Abiturientinnen und Abiturienten durchaus attraktiv. Die Schülerinnen oder Schüler fangen aber nicht unbedingt an, Physik zu studieren, um später viel Geld zu verdienen, sondern weil sie etwas Grundsätzliches über die Welt erfahren wollen. Einen Überblick, wo man Physik studieren kann, bietet der Studienatlas Physik2. Schülerwettbewerbe wie Jugend forscht, die Internationale Physik-Olympiade, das Young Physicists‘ Tournament oder die DPG-Schülertagung im Physikzentrum Bad Honnef zeigen, dass Physik Spaß macht, fesselt und spannend ist.

Auch die Zahl der Masterabsolventinnen und -absolventen ist stabil (ca. 2500 - 3000 jährlich) ebenso wie die Zahl der Promotionen (ca. 1800). Trotzdem ist das zu wenig gemessen an der Bedeutung der Physik für die Gesellschaft. Dabei ist die Präsenz der Physik in der Öffentlichkeit gut: In Buchläden gibt es viele allgemeinverständliche Bücher über alle Aspekte der Physik, der Astronomie oder Kosmologie. Auch im Fernsehen und in den neuen Medien werden eine ganze Reihe von Formaten zur physikalischen Bildung ausgestrahlt.

Bildung bedeutet aber auch, physikalische Erkenntnisse im historischen und kulturellen Kontext sowie in der Kunst oder Literatur zu bewerten. Dramen wie Das Leben des Galilei von Bertold Brecht oder Die Physiker von Friedrich Dürrenmatt mahnten angesichts der Atombombenabwürfe, Ethik und Verantwortung über wissenschaftliche Erkenntnis zu stellen. Mit Science-Fiction prägte die Physik sogar eine ganze Literaturgattung. Zahlreiche Philosophen, Schriftsteller oder Politiker schöpfen ihre Kreativität aus ihrer physikalischen Bildung.

Das Leitbild „Physik für die und in der Gesellschaft“ für das Jubiläum 175 Jahre DPG bedeutet daher, nicht nur, Verständnisfragen zu Phänomenen der Natur zu beantworten und notwendiges Fachwissen zur Bewältigung technischer und gesellschaftlicher Aufgaben bereitzustellen, sondern auch den Bezug physikalischer Erkenntnis zu ethischen und ästhetischen Werten aufzuzeigen.

 


Fußnoten

1.Physikerinnen und Physiker im Beruf: https://www. dpg-physik.de/veroeffentlichungen/publikationen/ studien-der-dpg/studie-physikerinnen-im-beruf

2.www.studienatlas-physik.de

 

Die DPG dankt ihrem Autor Prof. Dr. Klaus Mecke vom Institut für Theoretische Physik der Universität Erlangen-Nürnberg und DPG-Vorstand für Bildung und wissenschaftlichen Nachwuchs.