Künstliche Intelligenz für die Zukunft Europas
Ausgabe 47 | August 2020 | „Künstliche Intelligenz soll den Menschen nicht ersetzen, sondern ihm das Leben erleichtern und seine Fähigkeiten erweitern.“ Lutz Schröter, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft
Download: Physikkonkret 47 - Künstliche Intelligenz für die Zukunft Europas [PDF]
- Die Künstliche Intelligenz (KI) erfährt derzeit einen großen Schub
- Zentraler Gedanke ist, den Menschen in all seinen Lebensbereichen zu unterstützen
- Das Netzwerk CLAIRE bündelt die europäische KI-Forschung
Durch billigere Speicherkapazitäten und ständig höhere Rechenleistungen von Computern (z.B. bei Grafikkarten) erfährt die KI derzeit einen großen Schub. Um die großen Herausforderungen der Entwicklung und Nutzung der Künstlichen Intelligenz (KI) für Europa zu bündeln und gemeinsam zu adressieren, hat sich das Netzwerk Confederation of Laboratories for Artifical Intelligence Research in Europe (CLAIRE) gebildet. Es besteht aus fast 400 Forschungsgruppen und Forschungseinrichtungen, die zusammen mehr als 21.000 Beschäftigte in 35 Ländern umfassen. Ziel des Netzwerks ist es, die Kräfte im Bereich der KI-Forschung und der Kl-Innovationen in Europa zu bündeln, nachhaltig zu stärken und eine „artificial intelligence (AI) Made in Europe“ zu schaffen.
Generell beschäftigt sich die KI damit, Maschinen mit Fähigkeiten auszustatten, die intelligentem (menschlichem) Verhalten ähneln: beim Lernen, Planen oder Lösen von Aufgaben. Dies gelingt mit Hilfe klar vorgegebener und programmierter Regeln oder durch maschinelles Lernen. Dabei ist zu betonen, dass es die KI nicht gibt; es handelt sich um eine breite Palette an Methoden, Verfahren und Technologien, die bereits seit Jahren untersucht werden. Dazu gehört zum Beispiel die Verarbeitung natürlicher Sprache (Natural Language Processing), die Wissenspräsentation (symbolische und subsymbolische KI) oder intelligente Software-Agenten. Das sind Computerprogramme, die zu spezifiziertem, eigenständigem und eigendynamischem (autonomem) Verhalten fähig sind. Aktuell werden verschiedene intelligente Methoden kombiniert (sog. Hybride Systeme).
Eine Schlüsseltechnologie ist das Maschinelle Lernen (Machine Learning). Hier nutzen Computer Algorithmen, um aus enormen Datenmengen zu „lernen“, anstatt die Rechner für spezielle Aufgaben zu programmieren. Je größer die Datenmenge, auf die die Algorithmen zugreifen können, desto besser. Beispiele für den Einsatz maschinellen Lernens begegnen uns bereits im täglichen Leben. Dazu gehören die personalisierten Empfehlungen von Produkten von Verkaufsplattformen, Systeme zur Gesichtserkennung, Vorschläge für die schnellste Route beim Autofahren oder die Steuerung Autonomer Systeme.
Zudem arbeitet die Wissenschaft an der Idee, die reale Welt zu digitalisieren, sie zu modellieren, zu simulieren und dieses Modell dann zum Trainieren zu nutzen (sog. Digital Reality) oder um KISysteme damit zu validieren.
Die KI hat prinzipiell das Potential, uns und unsere Gesellschaft grundlegend zu verändern. Das Spektrum dieses Wandels reicht von der Utopie – der Mensch kann viele Aufgaben billiger, schneller und besser von Computern erledigen lassen – bis zur Dystopie: kann eine hochvernetzte, übermenschliche Intelligenz Werte und Ziele entwickeln, die von Menschen nicht mehr zu beeinflussen, und vielleicht nicht einmal mehr zu verstehen sind?
Eines der großen Themen der KI ist es deshalb, eine vertrauenswürdige und verlässliche KI zu gestalten und den Transfer in die Anwendungsgebiete – seien es Medizin, Industrie, Handel, Dienstleistungen oder einfach der zwischenmenschliche Umgang – möglichst effektiv, sicher und sozial verträglich zu gestalten.
Weitere Informationen:
Physik Journal Schwerpunktheft zur KI
Die Deutsche Physikalische Gesellschaft dankt dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz - insbesondere dem Forschungsbereich Agenten und Simulierte Realität (ASR) unter Leitung von Prof. Philipp Slusallek, DFKI Saarbrücken - für die wissenschaftliche Beratung.