Simulieren mit Quanten
Ausgabe 38 | November 2019 | „Quantensimulatoren sollen uns helfen, tiefe physikalische und praktische Einsichten in die Welt komplexer Systeme, Vielteilchensysteme aber auch Optimierungsaufgaben zu gewinnen“ - Dieter Meschede, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft Sonderausgabe Nr. 1 zu den Quantentechnologie-Initiativen der EU und des BMBF
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- Quantensimulatoren eröffnen neue Einblicke in die Quantenwelt.
- Sie erlauben, Probleme zu lösen, an denen sich selbst Supercomputer die Zähne ausbeißen würden.
- Mit ihnen lassen sich völlig neue physikalische Systeme erschaffen.
Die erfolgreiche theoretische Beschreibung komplexer Quantensysteme mit sehr vielen Teilchen (Vielteilchensystemen) ist eine der großen Herausforderungen der Physik. Obwohl die grundlegenden Prinzipien der Quantenmechanik bekannt sind, kann das Zusammenspiel vieler Quantenteilchen oft nicht einmal näherungsweise beschrieben werden. Hier kommen Quantensimulatoren ins Spiel.
Die zentrale Idee ist das Nachbilden komplexer Quantensysteme aus sehr vielen Teilchen in bestens kontrollierten experimentellen Modellsystemen. Sie ermöglichen die Demonstration grundlegender Effekte (z. B. die Bildung sogenannter Cooperpaare in Supraleitern) in Reinstform und eröffnen somit tiefe Einblicke in die Quantenmechanik dieser Systeme. Gleichzeitig lassen sich mit ihnen auch völlig neue, bisher noch nicht existierende, physikalische Systeme erschaffen.
Quantensimulatoren sind insbesondere für Untersuchungen in der Festkörperphysik, der Quantenchemie oder der Hochenergiephysik interessant, da dort oft viele Quantenteilchen miteinander wechselwirken. Prominente Vertreter sind ultrakalte Atome, speziell in optischen Gittern, Ionenfallen, supraleitende Schaltkreise, Halbleiter-Quantenpunkt-Gitter oder photonische Systeme. Dieser Idee folgt ebenso der sogenannte adiabatische Quantencomputer, der ähnliche technologische Herausforderungen stellt und die Forschung in beiden Richtungen befruchtet.
Im Gegensatz zu Quantencomputern, die ausschließlich feststehende Qubits nutzen – zum Beispiel Spins –, eignen sich Quantensimulatoren ebenso für bewegte Teilchen. Damit lässt sich beispielsweise die Dynamik von Vielteilchenproblemen simulieren, die sich nur schwer theoretisch beschreiben lassen. Dies erlaubt es Probleme zu lösen, deren numerische Berechnung selbst an Supercomputern zu rechenintensiv wäre.
Die Deutsche Physikalische Gesellschaft dankt Immanuel Bloch und Christian Gross vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik, Garching für die wissenschaftliche Beratung.