Mit Quanten abhörsicher kommunizieren
Ausgabe 40 | November 2019 | „Quanten-Kommunikation öffnet das Tor zu physikalisch, d. h. messbar sicherer Kommunikation.“ Dieter Meschede, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft Sonderausgabe Nr. 3 zu den Quantentechnologie-Initiativen der EU und des BMBF
Download: Physikkonkret 40 - Mit Quanten abhörsicher kommunizieren [PDF]
- Mit Quantenteilchen lässt sich abhörsicher kommunizieren.
- Für weite Strecken benötigt man noch geeignete Schnittstellen und sogenannte Quantenrepeater.
- Ein abhörsicheres Quanten-Internet nimmt langsam Gestalt an
Unsere elektronische Kommunikation soll nicht an falsche Ohren gelangen, dafür verlassen wir uns auf deren abhörsichere Übertragung. Diese beruht derzeit auf mathematischen Verschlüsselungsalgorithmen, welche zwar schwierig, aber nicht unmöglich zu knacken sind, insbesondere wenn dem Lauscher ein Quantencomputer zur Verfügung stünde [1]. Diese Bedenken gibt es nicht, wenn die sensible Information mittels Quantenteilchen übertragen wird. Dann können die physikalischen Gesetze der Quantenmechanik Abhörsicherheit garantieren. Das liegt am sogenannten no-cloning-Gesetz. Das verbietet das verlustfreie Kopieren eines Quantenteilchens. Die übertragene Information kann zwar abgefangen werden, jedoch nicht unbemerkt, weil sie nicht vollständig wiederhergestellt werden kann. Darauf basierend haben Charles Bennett und Gilles Brassard 1984 ihr Protokoll BB84 zur Vereinbarung eines sicheren Schlüssels mithilfe von einzelnen Quantenteilchen beschrieben (Abb. 1). Ein anderes Protokoll, Ekert91, verwendet sogenannte quantenmechanisch verschränkte Teilchen.
Die geeignetsten Quantenteilchen zur Informationsübertragung sind Lichtteilchen (Photonen) in deren Polarisation (der Schwingungsrichtung der Lichtwelle) die Information in sogenannten Quantenbits codiert werden kann. Quantenbits sind die quantenphysikalische Erweiterung zu den klassischen Bits. Sie können nicht nur Werte von Null oder Eins annehmen, sondern auch alle Zustände (Überlagerungen) dazwischen. Wenn sie jedoch nachgewiesen – z. B. abgehört – werden, ergibt sich nur eins von zwei möglichen Ergebnissen, und damit geht ihr Überlagerungszustand verloren. Ein solcher kann deshalb nicht zweimal gemessen und daher auch nicht abgehört werden.
Diese Empfindlichkeit der Quantenbits garantiert die Informationssicherheit. Jedoch ist keine Übertragungsstrecke verlustfrei, so dass einzelne Photonen nur eine begrenzte Reichweite von unter 100 km haben. Um größere Strecken zu überwinden, würde man gerne das Photon wie in der klassischen Kommunikation mit sog. Repeatern weiterleiten. Dem steht aber das no-cloning-Gesetz im Wege. Deshalb ist ein sogenannter Quantenrepeater nötig. Dieser nutzt eine besondere Korrelation zwischen Quantenteilchen: Die Verschränkung. Mithilfe von Quantenspeichern in kurzen Abständen wird die Verschränkung über längere Strecken bis zu den Kommunikationspartnern weitergereicht, welche sie dann nach dem Ekert91-Protokoll zur verschlüsselten Kommunikation nutzen.
Der Quantenrepeater ist ein Schlüsselelement. Ihm wird aktuell große Forschungsaktivität gewidmet, in Deutschland besonders im BMBF-geförderten Verbundprojekt Q.Link.X. Ein wesentliches Element ist die Schnittstelle, an der übertragene Quantenbits empfangen, gespeichert und gesendet werden; dies geschieht in Atomen oder atom-artigen Systemen wie Halbleiter-Quantenpunkten oder Farbzentren in Diamant (Abb. 2). Um die Quantenbits in existierende optische Fasernetzwerke einzuspeisen, ist zusätzlich ein Konverter erforderlich, welcher die Photonen in die für die Faserübertragung optimalen Wellenlängen umwandelt. Für alle diese Elemente gibt es bereits Labor-Prototypen. Ein abhörsicheres Quanten-Internet, das vor Kurzem noch nach Science-Fiction klang, nimmt also langsam Gestalt an.
Quellen:
[1] Quantencomputer – Rechner der Zukunft? Physikkonkret Nr. 29 https://www.dpg-physik.de/veroeffentlichungen/ publikationen/physikkonkret/quantencomputerrechner-der-zukunft
Die Deutsche Physikalische Gesellschaft dankt Jürgen Eschner und Christoph Becher, Universität des Saarlandes, für die wissenschaftliche Beratung.