Zeitliche Entwicklung der global gemittelten oberfl ächennahen Temperaturanomalie (relativ zu dem Zeitraum 1951 – 1980) von 1880 bis in die Gegenwart.

Die globale Erwärmung schreitet voran

Ausgabe 54 | Dezember 2020 | „Die Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen ist eine globale Aufgabe, die umgehend international angegangen werden muss. “ Lutz Schröter, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft

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Klima und Energie: Sonderausgabe zum Jubiläum 175 Jahre DPG

  • Das Zwei-Grad-Ziel ist kaum noch zu erreichen
  • Regionale und temporäre Schwankungen können nicht darüber hinwegtäuschen
  • Der Handlungsdruck ist gewaltig

Im Pariser Konsens hat sich die Weltgemeinschaft 2015 verpflichtet, die globale Erwärmung auf 2°C, besser noch auf 1,5°C zu begrenzen. Modellrechnungen1 lassen hoffen, dass die Folgen der Erwärmung dann gerade noch beherrschbar bleiben.

Erwärmung seit 1850 übersteigt bereits 1°C Die global gemittelte oberflächennahe Temperatur ist in den vergangenen 50 Jahren um ca. 0,8°C gestiegen (Abb. 1), was im Mittel ca. 0,16°C pro Jahrzehnt entspricht. In der Nordhemisphäre beträgt der Temperaturanstieg im gleichen Zeitraum bereits mehr als 1°C, in der Arktis sogar mehr als 2°C.

Regionale Unterschiede Wichtig ist, dass die Oberflächentemperatur bei einer globalen Erwärmung nicht gleichmäßig auf der Welt steigt. Bestimmte Regionen (wie die Landoberfläche verglichen mit der Ozeanoberfläche oder aktuell die Arktis) erwärmen sich stärker, andere weniger stark. Hinzu kommt, dass die globale Erwärmung regional zu sehr unterschiedlichen Wetterextremen führen kann.

Erwärmung geht auch bei vollständigem Stopp der Emissionen weiter Bei der Prognose der künftigen Temperaturentwicklung muss zudem berücksichtigt werden, dass auch bei einem – hypothetischen – sofortigen und vollständigen Stopp der Treibhausgasemissionen eine weitere Erwärmung von ca. 0,3°C bis zum Jahr 2100 nicht zu verhindern wäre. Dies beruht auf der Trägheit des Klimasystems, vor allem auf der Trägheit der Ozeane.

Kurzfristige Schwankungen von 5 oder 10 Jahren geben keine Entwarnung Neben dem langfristigen Anstieg der Temperatur existieren natürliche Schwankungen. Diese werden beispielsweise verursacht durch Änderungen im Zusammenspiel von Atmosphäre und Ozean, wodurch die in den jeweiligen Ozeanen gespeicherte Wärme mehrjährigen Zyklen unterliegen, die aber nicht regelmäßig sein müssen. Verbunden mit der Trägheit des Ozeans und der globalen Zirkulation schwankt nicht nur die Wärmeaufnahme und Abgabe der Ozeane, sondern die Wärme wird im Klimasystem auch ungleichmäßig verteilt. Ein gutes Beispiel ist die so genannte „Erwärmungspause“ zwischen den Jahren 2000 und 2010, die kontrovers diskutiert wurde (siehe Physikkonkret Nr. 14, März 2014). Diese war nur ein Zwischenstadium. Auch in Zukunft kann es immer wieder derartige Schwankungen geben.

Gesamtmenge der zukünftigen Emissionen entscheidend Die Frage, ob die Erwärmung gegenüber vorindustrieller Zeit auf 1,5 oder 2°C begrenzt bleibt, hängt vor allem von der Gesamtmenge der emittierten Treibhausgase ab. Die kumulativen CO2 -Emissionen seit 1860 belaufen sich auf ca. 2200 Gt CO2 . Soll das 1.5-Grad-Ziel erreicht werden, darf die kumulative Restemission ca. 580 Gt CO2 nicht überschreiten. Gegenwärtig liegen die anthropogenen CO2 -Emissionen bei ca. 40 Gt CO2 pro Jahr. Damit wäre das zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels noch verfügbare CO2 -Emissionskontingent in etwa 15 Jahren aufgebraucht. Da ein vollständiger Stopp der Emissionen in 15 Jahren unrealistisch ist, müssen die Emissionen umgehend reduziert werden. Ansonsten verfehlen wir das 1,5°C oder das 2,0°C Ziel deutlich.

 


Fußnoten

1. Projektionen über die Stärke der zukünftigen globalen Erwärmung basieren auf dem Verständnis grundlegender physikalischer Zusammenhänge. Die DPG sieht es als ihre Aufgabe, die fundamentalen physikalischen Prozesse der Öffentlichkeit zu erklären und damit Argumente für politisches Handeln zu liefern.

 

Die DPG dankt dem Fachverband Umweltphysik, insbesondere Johanna Baehr vom Institut für Meereskunde (IfM), Hamburg, für die wissenschaftliche Beratung.