Vereinfachte Darstellung der Leistungsbereiche und Speicherzeiten unterschiedlicher Energiespeicher.

Stromspeicher für die Energiewende

Ausgabe 52 | September 2020 | „Für die Energiewende ist die Forschung zur Speicherung und Umwandlung von erneuerbarem Strom ein wichtiger Baustein.“ Lutz Schröter, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft

Download: Physikkonkret 52 - Stromspeicher für die Energiewende [PDF]

Sonderausgabe zum Jubiläum 175 Jahre DPG aus der Reihe ,,Klima und Energie‘‘

  • Weltweit wird Strom aus Photovoltaik und Wind zum wichtigen
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     Primärenergieträger.
  • Die fluktuierende Erzeugung macht neben Lastanpassung und räumlichem Ausgleich des Stromangebots die großtechnische Kurz- und Langfristspeicherung von Elektrizität erforderlich.
  • Vielfältige Optionen, insbesondere zu Batterien, mechanischen Speichern oder chemischen Energieträgern werden erforscht und entwickelt.

Der Stromanteil am Endenergieverbrauch (Deutschland 2020: ca. 25 % von 2500 TWh/ a1) wird durch erneuerbaren Strom erheblich wachsen. Allerdings schwankt die Erzeugung auf Zeitskalen von Minuten bis hin zu Jahreszeiten: deutsche Windparks liefern in der Jahressumme durchschnittlich nur einen Bruchteil der Nennleistung (20 % onshore, 40 % offshore), Photovoltaik (PV) sogar nur ca. 10 %. Deshalb muss die installierte Wind- und PV-Leistung die zu erwartende Spitzenlast um ein Mehrfaches übersteigen. Um das Netz stabil zu halten und den in wind- bzw. sonnenreichen Lagen und Zeiten produzierten Überschuss-Strom nutzen zu können und zu einem nützlichen Handelsgut zu machen, müssen Lastanpassung an die Stromerzeugung (Sektorenkopplung) und Stromaustausch mit dem Ausland ausgebaut und zusätzlich große Stromspeicher verfügbar werden.

Stromspeicher werden mit unterschiedlichen Eigenschaften benötigt; entsprechend vielfältig sind die Forschungsanstrengungen. Wichtige Kriterien sind Energiedichte (pro Volumen oder Gewicht), Verluste bei Beladung/Entladung, Lade-/Entladegeschwindigkeit, die nutzbare Speicherdauer, Zyklenzahl und Lebensdauer2:

Elektrische Speicher (Superkondensatoren, supraleitende magnetische Speicher) mit hohem Wirkungsgrad und hoher Leistung bei allerdings kleinen Energiemengen können für kurze Zeiten (<Minuten) zu Netzdienstleistungen oder Leistungserhöhung genuzt werden.

Mechanische Speicher, insbesondere Pumpspeicherkraftwerke erreichen ca. 80 % Wirkungsgrad bei relativ hohen Energiemengen und Leistungen z. B. für den Tag-/ Nachtausgleich. Die existierende deutsche Kapazität von ca. 40 GWh3 Kapazität mit max. 7 GW Leistung ist kaum erweiterbar und die wenigen Druckluftspeicher sind klein. Aber es existieren Vorschläge für große und leistungsstarke Speicher bei zukünftigen schwimmenden Offshore-Anlagen, in ehemaligen Steinkohlebergwerken oder im tiefen Braunkohletagebau. Die Wirtschaftlichkeit wird oft von der Zahl der Beladungen und damit der jährlichen Gesamtmenge an gespeicherter Energie bestimmt.

Elektrochemische Speicher

  • Batterien für kurze und mittlere Zeiten (dezentraler Eigenverbrauch, Regelleistung) werden zukünftig eine große Rolle spielen; ihre Verluste über Stunden oder Tage sind niedrig und die Herstellungskosten fallen. Stationär und bei mehr als 10 Mio. Elektrofahrzeugen können in Deutschland 200 – 400 GWh Stromspeicherung erreicht werden, die teilweise zum Lastausgleich im Stromnetz mitgenutzt werden könnten.
  • Für die langfristige Speicherung sehr großer Strommengen bietet sich die Umwandlung in chemische Energieträger (Synfuels, Power-to-Gas, Power-to-Chem) an, d. h. in Treibstoffe, Ammoniak, Wasserstoff. Die möglichen Speicherkapazitäten und spezifischen Energiedichten übertreffen Batterien um Größenordnungen, was sie für mobile Anwendungen, insbesondere die Luftfahrt, prädestiniert. Mit erneuerbarem Strom ist die Herstellung und Nutzung CO2 -neutral, allerdings ist diese chemische Speicherung für eine Rückverstromung in thermischen Kraftwerken wegen der dann hohen Verluste (> 60 %) ungünstig.

Die Erforschung neuer Speicherkonzepte und die Entwicklung großtechnischer Kurz- und Langfristspeicher ist für das Gelingen der Energiewende hin zu einer klimaneutralen Energie- und Stromversorgung von höchster Dringlichkeit.

 


Fußnoten

1. Terawattstunden pro Jahr; das Präfix T=Tera steht für eine Billion (1012)

2. Bei solarthermischer Stromerzeugung könnten Wärmespeicher für den Tag-/Nachtausgleich genutzt werden. Generell: Wärme- und Kältenutzung machen heute gut die Hälfte des Endenergieverbrauchs aus. Wärmeund Kältespeicher können diesen Verbrauch reduzieren helfen.

3. Gigawattstunden; das Präfix G=Giga steht für eine Milliarde (109 )

 

Die DPG dankt den Mitgliedern des Arbeitskreises Energie, insbesondere ihrem Vorsitzenden Hardo Bruhns, für die wissenschaftliche Beratung.