Positionspapier der Deutschen Physikalischen Gesellschaft e.V. - Digitale Bildung im Fach Physik
Der Physikunterricht leistet einen besonderen Beitrag dazu, Schülerinnen und Schüler auf ein Leben in einer digitalisierten Welt vorzubereiten. Dazu sind zwei Schwerpunkte besonders zu beachten: Es muss eine passende technische und rechtliche Infrastruktur geschaffen werden. Zudem muss die Weiterentwicklung der Digitalisierung im Physikunterricht fachdidaktisch begleitet werden.
Seit vielen Jahren setzt sich die Deutsche Physikalische Gesellschaft intensiv mit dem Physikunterricht an den Schulen auseinander. Aus diesem Engagement sind in der Arbeitsgruppe Schule der DPG auf der Grundlage der fachwissenschaftlichen und der fachdidaktischen Expertise in Verbindung mit den Erfahrungen aus der Schulpraxis mehrere umfangreiche Studien hervorgegangen.
Bereits lange vor der Pandemie ist der Einsatz digitaler Werkzeuge im Physikunterricht aus gutem Grund zunehmend in den Fokus gerückt. Diese stellen eine Bereicherung für den Physikunterricht dar und bieten neue Möglichkeiten zur Vermittlung naturwissenschaftlicher Kompetenzen. Dies geschieht etwa in Form digitaler Messwerterfassung und Datenauswertung, verbunden mit der kritischen Reflexion dieser Methoden, aber auch mit neuen Möglichkeiten des kollaborativen Arbeitens, der Recherche und der Präsentation von Arbeitser-gebnissen. Zudem leistet der Physikunterricht in Verbindung mit dem Einsatz digitaler Werkzeuge einen erheblichen Beitrag zur digitalen Bildung der Schülerinnen und Schüler im Sinne der Strategie „Bildung in der digitalen Welt“. Beispielhaft seien hierzu genannt:
- Die Recherche sowie die kritische Analyse und Bewertung von digitalen Quellen und Medien in diskursiven, von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen mitbestimmten Themenbereichen wie z. B. Energieversorgung, Klimaphysik oder Mobilität.
- Das Problemlösen durch Modellierung und algorithmische Beschreibung von physikalischen und gesellschaftsrelevanten Systemen sowie die Kompetenzbereiche „Kommunizieren und Kooperieren“, „Produzieren und Präsentieren“ und „Analysieren und Reflektieren“ [KMK2017].
Damit der Physikunterricht diese Beiträge zur digitalen Bildung leisten kann, müssen jedoch geeignete Rahmenbedingungen auf dem Weg zur Digitalität gegeben sein. Insbesondere der Distanzunterricht in der Phase der Schulschließungen aufgrund der Corona-Pandemie hat im Laufe des vergangenen Jahres ein besonderes Schlaglicht sowohl auf die Chancen und die Leistungsfähigkeit des Einsatzes digitaler Werkzeuge im Physikunterricht als auch die damit verbundenen Anforderungen geworfen.
Vor dem Hintergrund dieser Potentiale und Notwendigkeiten tragen wir die folgenden Forderungen an Sie heran.
Essentiell ist der technische, rechtliche sowie infrastrukturelle Rahmen:
- An allen Schulen muss eine angemessene digitale Infrastruktur zur Verfügung stehen. Das bezieht u.a. die Ausstattung mit Geräten und deren Wartung ebenso ein wie eine ausreichend leistungsfähige Internetanbindung aller Geräte. In diesem Zusammenhang begrüßen wir ausdrücklich die Fördermaßnahmen im Rahmen des Digitalpakts und rufen Sie dazu auf, diese Maßnahmen fortzusetzen, kontinuierlich weiterzuentwickeln und nachhaltig zu sichern.
- Jeder Schule muss für die pädagogische Arbeit mindestens eine rechtlich abgesicherte Online-Plattform mit hoher Zuverlässigkeit und Belastbarkeit zur Verfügung gestellt werden.
- Alle rechtlichen Rahmenbedingungen wie z. B. Haftungsfragen und Fragen des Datenschutzes müssen in für die Schulen belastbarer Weise abgeklärt sein und den Schulen in transparenter Weise kommuniziert werden. Eine juristische Betreuung in Konfliktfällen muss zuverlässig gewährt werden.
- Die Umstellung auf digitale Formate wurde durch die Pandemie beschleunigt. Diese große Chance resultiert in einem erheblich gestiegenen Arbeitsaufwand der Lehrkräfte. Diesem muss durch zielgerichtete Unterstützungs- und Entlastungsangebote angemessen Rechnung getragen werden.
Essentiell ist eine fachdidaktische Begleitung für die digitale Bildung im Fach Physik:
- Bereits entwickelte, als tragfähig erwiesene Unterrichtskonzepte müssen unter fachdidaktischer Begleitung weiterentwickelt werden.
- Umfassende Fortbildungskonzepte sowohl in fachdidaktischer als auch in technischer Hinsicht sind weiterhin eine unverzichtbare Voraussetzung für die Digitalisierung des Unterrichts.
- Die Ausstattung der Physiksammlungen muss an die digitalen Bedingungen angepasst werden und um Materialien für reale sowie digital unterstützte Experimente erweitert werden.
- Sofern eine Einführung digitaler Prüfungsformate angedacht ist, muss dem eine tiefgreifende, fachdidaktisch intensiv begleitete Entwicklungsphase vorhergehen. Sie dürfen nicht vorschnell eingeführt werden.
- Die neuen und vielfältigen Erfahrungen im Hinblick auf die Digitalisierung des Unterrichts, die in der Zeit der coronabedingten Schulschließungen von vielen Lehrkräften gewonnen werden, sollen umfassend evaluiert und so dieser Erfahrungsschatz für die Weiterentwicklung des Unterrichts gesichert werden.
Die Deutsche Physikalische Gesellschaft bietet sich als Partner mit einem breiten Spektrum an Kompetenz für die Weiterentwicklung des Physikunterrichts zur Zusammenarbeit an.
Dr. Lutz Schröter | Dr. Beate Brase | OStR Yvonne Struck |
DPG-Präsident | DPG-Vorstandsmitglied Ressort Schule | Vorsitzende Arbeitsgruppe |
[KMK2017]: „Bildung in der digitalen Welt - Strategie der Kultusministerkonferenz“; Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 08.12.2016 in der Fassung vom 07.12.2017; https://www.kmk.org/fileadmin/pdf/PresseUndAktuelles/2018/Digitalstrategie_2017_mit_Weiterbildung.pdf (7.10.2021)